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Die Schuld der späten Geburt und die Schuld der Geburt überhaupt

„Ein Stück von Mutter und Vaterland“ von Bozena Keff, Regie Jan Klata, Gastspiel des Polski Teatr Wroclaw im Rahmen der 17. Jüdischen Musik- und Theaterwoche am Staatsschauspiel Dresden am 24. Oktober 2013

 

 

Haben Sie schon mal drüber nachgedacht, dass Sie mit Ihrer Geburt erst deutlich nach dem großen Krieg Schuld auf sich geladen haben, weil sie sich damit dem damals erlittenen Leid feige verweigerten?

Und dass Sie überhaupt mit Ihrer Geburt dem Leben Ihrer Mutter eine irreversible Wendung gaben, an deren Folgen sie noch heute laboriert? Nein? Dann wird es Zeit.

 

Es beginnt klatanesk, ein bildmächtiges, lautes Intro. Silhouetten im Halbdunkel auf der Bühne, nicht wirklich Menschen, die Schatten sprechen und singen im Chor, vor vier blechernen Ungeheuern von Schränken auf Rollen, die Bühnen in der Bühne bilden. Quälendes Licht, tödlich laute Musik. Das wird kein Milchkaffee-Theater, soviel ist klar.

 

Die Mutter erscheint Ripley (ja, dieser Ripley) als Alien, oder erscheint das Alien als Mutter? Von Anfang an ist es schwer, der Handlung – sofern vorhanden – zu folgen, die deutschen Übertitel helfen, hindern aber auch durch das Hin-und-her-springen-müssen der Augen. Gut, das kann man einer polnischen Inszenierung in Dresden kaum vorwerfen. Da muss man halt durch.

 

Es ist ein harter Stoff, nur selten aufgeweicht durch szenische Einfälle wie das Klapperschlangenballett. Klata verbraucht Darsteller und Zuschauer, eine Zumutung, im positiven Sinne.

Sechs Akteurinnen (einer davon im Prinzip männlich), mit blonden Mähnen und gedrehten Zöpfchen angetan, klischeegerecht, aber sonst ist da nicht viel klassisch. Sie springen ständig zwischen Mutter, Tochter und Vaterland.

 

Im Prinzip – wenn ich es recht verstanden habe – geht es um die zwei Grundthemen, die eingangs schon kurz beschrieben wurden. Man könnte auch sagen, es geht um Generationenkonflikte unter besonderen geschichtlichen Umständen, und um Selbstgerechtigkeit. Die einen sind ein für allemal geadelt durch das Überleben des Holocaust und vermissen den ihnen geschuldeten Respekt, den anderen geht das ständige Erzählen von früher langsam auf den Sack.

Oder, auf eine private Ebene gebracht: Die Mutter verlangt ewige Dankbarkeit für den Akt des Gebärens, für die Tochter ist es irgendwann auch mal gut damit.

Das klingt beides nicht nach Koalitionsvertrag am Ende.

 

Den vorwurfsvollen Sermon der Mutter, der immer wieder ausgewalzt wird in den Minibühnen, die dann ein (Plattenbau-) Wohnzimmer bilden, kennen sicher viele. Du kümmerst Dich nicht um mich, mein Leben ist Dir egal, und meine Krankheitsbilder erst recht. Demütig nehmen die Töchter die Vorwürfe entgegen, zu demütig, finde ich.

Doch man merkt, dass das eine besonders subtile Form der Machtausübung ist, ein Materpatriarchat. Die Kinder sind schuld, von Anfang an, und sollen ihre Schuld nun mit Zuwendung abtragen.

 

Nein, das ist nicht mütter-, schon gar nicht frauenfeindlich, die Autorin Bozena Keff ist über diesen Verdacht erhaben. Aber sie stellt interessante Fragen, ohne Antworten dazu zu liefern. Wie auch?

„Die Mutter aus dem Schrank“, um mal einen Dresden-Bezug herzustellen, erscheint immer wieder und nervt. Aber was bleibt ihr auch übrig?

 

Das Stück endet fast versöhnlich, mit einem schönen barocken Satzgesang, tolle Stimmen. „Der (nicht vorhandene) Vorhang zu, und alle Fragen offen“. Muss man halt selber nach-denken.

 

Ein Donnerhall an Applaus, gemischt mit Begeisterungsschreien im fast vollen Kleinen Haus. Völlig zu Recht.

 

 

Der Kot Napoleon

„Du bist tot!“

Als Kinder haben wir das gerufen, wenn wir Krieg gespielt haben. Manchmal fiel der andere dann wirklich um, manchmal war er auch der Meinung, er sei schneller gewesen beim Ziehen. Dann musste das geklärt werden. Bis einer heulte.

 

Beim „Re-Ennactment“ dürfte dieses Problem nicht auftreten, die Sache ist streng durchchoreographiert. Erwachsene Menschen (allermeist Männer) kleiden sich in die Waffentracht einer vergangenen Zeit und geben lebend Bilder.

Ich hoffe, dass sie drunter etwas Moderneres tragen, aus dem Sanitätsfachhandel, falls doch mal was abgeht dabei, vor Angst oder vor Lust. Wäre doch schade um die teure Uniform.

 

Der Mensch kriegt ja vieles fertig, früher ließ er seinesgleichen gegen Löwen kämpfen wegen dem Unterhaltungswert, verbrannte seinesgleichen auf Scheiterhaufen, wenn rote Haare grad mal nicht in Mode waren, rottet(e) seinesgleichen auch stammweise aus, wenn die auf Land herumlungerten, das einem höheren Zwecke bestimmt war.

In diesem Kontext fallen ein paar Deppen, die die Schlachten vergangener Tage folkloristisch und keimfrei nachschlagen, kaum ins Gewicht.

 

Dem Bauernjungen aus einem der vielen sächsischen Friedersdorf damals, der auf dem Feld der Ehre verreckte, dürfte relativ egal gewesen sein, für wen er das tat (historisch gesehen – was gerne vergessen wird – für Napoleon). Trotzdem kann man es ihm posthum nochmal spielerisch erklären, es fallen doch auch sonst so viele Säcke Reis um.

 

 

Aber man kann das Spektakel natürlich auch mit „heutigen“ Maßstäben messen, moralischen, mein ich. Und da stellt sich mir schon die Frage, welch Geistes Kind die Leute sind, die bekunden, „hier nur einfache Soldaten zu sein“ und damit die Aussage zu Sinn und Zweck des Ganzen verweigern.

Ist der Mensch dann doch ein Lemming? Fühlt er sich in einer Herde am wohlsten, wo man selber nicht mehr denken muss? Ist das der Ur-Trieb von uns allen?

 

Dann wäre das Modell aber ausbaufähig. Warum nicht mal das Ertrinken vor Lampedusa nachstellen, Markkleeberg hat doch jetzt schöne Seen? Oder das Schlachten einer Herde Rindviecher, bei Tönnies in Weißenfels? Auch die amerikanisch-mexikanische Grenze bietet schöne Schauplätze, vielleicht gibt es ja noch einige Mauerreste zum Bespielen.

 

Und die vielen schönen Jubiläen der nächsten Jahre, 75 Jahre Stalingrad, 100 Jahre Verdun, auch der Genozid an den Armeniern oder der in Deutsch-Südwestafrika bedarf einer reenactischen Aufarbeitung. Guido Knopp hilft bestimmt gerne.

 

Man sollte hier aber keine Verbotsdebatte führen. Zwar ist Kriegsverherrlichung eine Straftat, aber der Verein wird so clever sein, sich nicht dabei erwischen zu lassen. Und das sind doch alles unbescholtene Bürger, die haben eben einfach zu viel Zeit. Und zu wenig Hirn.

 

Auch wenn der historische Kontext nur halbwegs korrekt ist: Ich wünschte, es würde Nacht oder die Preußen kommen. Mit echten Kanonen.

 

 

Helpless, helpless, helpless. Helpless?

„Emilia Galotti“ von Gotthold Ephraim Lessing, Regie Sandra Strunz, Premiere am Staatsschauspiel Dresden, 5. Oktober 2013

Was erlauben Strunz?
Bringt die doch einfach eine andere Sichtweise auf die Emilia. Und das in Dresden, unweit von Kamenz. Die IG Schauspiel dürfte nicht amüsiert sein. Aber dazu später mehr.

Es beginnt schwerblütig, fast niederschmetternd. Emilia erscheint am Morgen ihrer Hochzeit der Prinz von Guastalla, wie ein Mondsüchtiger quält sich jener aus der Kulisse. Ein wirklich Liebender? Wir werden sehen.
Zunächst einmal wähnt er sich verloren, als sein Adlatus die Neuigkeiten berichtet: Der Graf Appiani wird heiraten, eine aus niederem Stande. Eine Emilia Galotti. Bei Gott, doch nicht DIESE Emilia! Doch, genau diese.
Der Prinz ist kurz verzweifelt. Doch zum Glück hält er ein Schwein am Hofe, Marinelli genannt.

Im Hause Galotti laufen derweil die Hochzeitsvorbereitungen. Mutter Claudia (Christine Hoppe auf Carlos-Niveau) empfängt den Vater, während Emilia in der Kirche weilt. Man sieht sich offenbar selten, zwischen Küsschen werden Erziehungsfragen diskutiert. Dochdoch, der Graf Appiani (Christian Clauß) ist schon eine gute Wahl, da sind die Elternteile sich einig.
Jener tritt auf, ein wenig wie Campino, und ist verstörend ernsthaft, was das Fräulein Braut irritiert. „Ich wünschte Sie heiter, Herr Graf.“ Doch man findet sich. Die leichte Hand der Regisseurin wird langsam spürbar, schöne Dialoge.

Die außerordentlich raffinierten Spiegelschwenktüren des Bühnenbildes (Volker Hintermeier) bedürfen bereits an dieser Stelle einer gesonderten Erwähnung. Mal schaut man durch, mal brechen sie das Licht. In Bruchteilen von Sekunden verändern sie die Szenerie. Nie weiß man genau, wer wo auftaucht. Weltklasse.

Derweil baut sich das Unheil langsam auf. Marinelli überbringt die frohe Kunde, Graf Appiani wurde einer wichtigen Dienstreise für würdig befunden. Nach seiner Kenntnis sei diese ab sofort.
Der Graf will kein Tänzchen wagen, aber er muss. Trotzdem lehnt er ab. Köstlich das Körperspiel der beiden Herren in diesem Moment. Ben Daniel Jöhnk ist eher eine Kammerlaus als ein Kammerherr, aber das hochwertig.
Der Prinz öffnet inzwischen einen Adventskalender der besonderen Art und wird zu dem, was formerly as Prince bekannt war. Doch eine wie Emilia fehlt ihm in der Sammlung.

Zwei Psychopathen planen dann ein Gleiwitz. Und so geschieht es auch.
Willkommen auf dem Lustschloss, Emilia. Nun gut, es gab Opfer, auch der Graf ist darunter, aber wir wollen doch nach vorne sehen. Das schöne Leben beginnt jetzt. Fast scheint es, als ob Emilia das einsähe.
Das letzte Wort des Grafen war „Marinelli“. Aber man kann das natürlich verschieden interpretieren. Der treue Freund wurde im Tode mit der Rache beauftragt, zum Beispiel.
Doch die Klageschreie der Erinnyen sprechen eine andere Sprache. Ironie des Schicksals: Das Verbrechen, dass man dem Prinzen nun zuschreibt, hat er gar nicht begangen, höchstens gebilligt. Sein Hausschwein plädiert auf Befehlsnotstand.

Die Gräfin Orsina (Karina Plachetka in Hochform), verflossene Geliebte, pocht an die Tür, flucht auf Polnisch. Das wird kein freudiges Wiedersehn. Marinelli ist nicht nur eine Nummer zu klein für sie, die sich für den unwirtlichen Empfang subtil rächt und ihm seine Grenzen nur zu deutlich zeigt. Der Prinz ist dann leider sehr beschäftigt, ein andermal vielleicht. Das Ergebnis: Nun weiß die ganze Welt, wer den Grafen Appiani umbringen ließ. „Der Prinz ist ein Mörder!“
Sebastian Wendelin verleiht jenem übrigens alle Widerlichkeit, die sein großer Charakterfundus zu bieten hat. Chapeau!

Auftritt des Vaters (Tom Quaas mit gewohnt großer Bandbreite und sehr anrührenden Szenen), während seine Tochter bereits in Unterwäsche die Hinterbühne schmückt. Sie wird grad goldbronzen gestrichen, nun ja, hat halt jeder so seine Vorlieben. Es folgt eine Edelpuff-Szene, des Prinzen Verbrauch ist scheinbar beachtlich.
Vorerst trifft der besorgte Vater auf die Mutter, die schlecht gehütet hat, wie er glaubt. Er ist fürchterlich in seinem unrechten Zorn. Nun soll das Töchterlein ins Kloster, aber warum? Was hat sie ausgefressen? Er ist der Einzige, der die Idee gut findet.

Eine Unterredung des Vaters mit Marinelli, später kommt der Prinz hinzu. Die Szene erinnert an Schillers Hofmusiker Miller (bzw. umgekehrt), bei aller Höflichkeit lässt sich Vater Galotti wirklich nur sehr ungern verarschen. Doch die Macht ist mit dem Prinzen.
Kein Räuspern ist im Saal zu hören, als Tom Quaas um die Gunst bettelt, seine Tochter sprechen zu dürfen.

Jene scheint wie unter Drogen. Wenn alles verloren ist, was soll man dann noch jammern?
Sie ist schon ganz weit weg. Doch in ihrem letzten Auftritt wird sie zur heiligen Emilia der Frauenbefreiung, kongenial unterstützt vom Chor der Gefangenen Frauen und von Luisa Mühl am punktgenauen Schlagzeug.
Was bleibt Vater Galotti übrig? Er erfüllt ihren letzten Wunsch. Ende.

Großartig. Zum Heulen schön. Ich habe zwölf Fingernägel abgeknabbert in der letzten Viertelstunde, aber es hat nicht geholfen. Ein gutes Ende ist hier einfach nicht drin.

Was bleibt noch zu sagen?
Lea Ruckpaul ist in ihrer nächsten großen Rolle wieder absolut beeindruckend, ihre Emilia ist Subjekt, nicht Objekt.
Das Publikum war für meinen Geschmack sehr klatschfaul, ein paar mehr Minuten wären durchaus angemessen gewesen.
Das Stück wird dreistellig hier, ich wette meinen Laptop.

Schöner sterben mit Budur

Vive la Guerre, der Tee ist fertig

„Krieg am Biscuit oder Schlacht ab 8“, theatrale Lesung der projekttheater all-stars im gleichnamigen Haus, gesehen am 21.09.13 (Erstaufführung)

Was für ein Kontrast! Gestern noch Soldaten in Afghanistan mit zerfetzten Eingeweiden im Kleinen Haus, heute das Gabelfrühstück der Generäle. Aber es geht um dasselbe: Es geht um Krieg.

Das Projekttheater hat auch ein Wahlprogramm: Ein fast vergessenes Stück von Boris Vian von 1951 wurde adaptiert, neu interpretiert und in einer theatralen Lesung auf die Bühne gebracht. Eine herrlich absurde Komödie, bei der einem irgendwann das Lachen im Halse verreckt.

General Audubon James Wilson de la Petardiere, Chef des Generalstabs, hat sich gut eingerichtet im Frieden, er bewohnt mit maman, die ihm in allen Lebenslagen zur Seite steht, eine großbürgerliche Villa in Paris und freut sich an seiner schmucken Uniform und dem heimlichen Pernod-Genuss.
Da kommt plötzlich dieser Zivilist, Ministerpräsident Plantin, und will Krieg. Der Wirtschaft fehlen Absatzmärkte, und so eine Armee ist doch ein idealer Verbraucher. Er sträubt sich, aber es ist ein Befehl. Also los, Krieg planen, er lädt den Generalstab zum Tee.

Von denen hat jeder seine persönliche Macke und eigentlich auch keine Lust, aber sie sind Soldaten, und ein Befehl ist ein Befehl. Schnell ist ein Schutzheiliger gefunden, es kann losgehen. Doch erst als der Pernod geleert ist und die Gäste gegangen sind, bemerkt mon general, dass etwas fehlt: Der Feind.
Hektisches Telefonieren mit dem Élysée-Palast bringt keine Lösung, die Entente muss helfen. Dscheneräll Jackson, Generrrall Krokilloff und Genelal Ching-Ping-Ting werden einbestellt. Die haben zwar vollstes Verständnis, stehen aber als Gegner wegen anderweitiger Verpflichtungen grad nicht zur Verfügung.

Der große Plan scheint zu scheitern, da hat der Krieger aus dem Reich der Mitte die zündende Idee: Gegen Afrika! Alle sind begeistert. Nun kann es wirklich losgehen.

Zwei Jahre später, der Generalstab sitzt irgendwo hinter der Front in einem Bunker vierzig Meter unter der Erde und hat vor allem die Aufgabe, seinen Truppen die Führer zu erhalten. Das ist insgesamt ein wenig langweilig, und die privaten Vorlieben der Herren passen einfach nicht zueinander. Die Gesellschaftsspiele scheitern schon im Ansatz.
Abwechslung verspricht der Besuch des immer noch Ministerpräsidenten Plantin, der die Generäle der befreundeten Großmächte mitbringt. Ein Höhepunkt im Kriegs-Einerlei! Zumal General Krokiloff ein Spiel kennt, das alle begeistert: Russisch Roulette.
Die Revolvertrommel wird gedreht, die Pistole wandert. Am Ende sind alle tot, als Letzter jedoch General Audubon James Wilson de la Petardiere. Der hat also gewonnen.

Was für ein grandioser Nonsens, hier hat einer Monty Python schon in den Fünfzigern vorweggeahnt. Soldaten kommen in diesem Stück nicht vor, wozu auch: Der Krieg ist mit Biskuit und Pernod am schönsten, nachmittags so gegen Fünf.

Volltreffer, ich fühle mich versenkt. Dem Projekttheater ist da eine wunderbare Miniatur gelungen, auch wenn es zwischendurch etwas holperte, ganz und gar großartig. Ein herzlicher, deutlich zu kurzer Applaus der leider wenigen Gäste.

Morgen (Sonntag, 22.09.13) nochmal, kurz nach der ersten Hochrechnung. Und dann nie wieder? Schade.

[Mit dem Projekttheater und mir verhält es sich übrigens in etwa wie mit dem saftigen Gras und dem angepflockten Schaf. Aber das kann man ja ändern. Sollte ich ändern.]

Und jedermann erwartet sich ein Fest

Programmhinweis: Mi., 21.08.13, 22.30 Uhr Teichelmaukes Hamsterradio

Für alle, die nicht lesen können (also bitte weitersagen)

http://coloradio.org/site/

oder auch 98,4 & 99,3 MHz, wenn man im gelobten Land wohnt.

Der Arbeitstitel dieser ersten Blamage lautet

Teichelmauke trifft Canaletto trifft Wagner

Es kann noch besser werden, muss aber nicht.

Man hört sich, vielleicht.

Protokoll der monatlichen Abstimmungsberatung „Koordinierung Waldschlösschenbrücke“ (monAB KoWSB) Nr. 107

Dresden, 15. Aug. 2013, ratloses Haus am Dr.-Külz-Ring, Festkeller, 10.45 Uhr

0. Teilnehmer:

Damen Orosz, Bunge (beide LHD)
Herren Morlok (SMWAV), Mücke (BMVBS), Marx, Sittel, Vorjohann, Hilbert, Lehmann, Lunau (alle LHD), Präside (LD SN), Koch (KathKi), Reißer (MDR), Grüß-Onkel (DB AG), Pfenninger (LRH), Koettnitz sen. (STA), Koettnitz jun. (ARGE), Fußblei (ADAC/AUDI AG),
Vertreter der Vertreter von BuPo, LaPo, BfV, LfV, LaSuV, Feuerwehr, DRK, weitere siehe Mailverteiler

Entschuldigt: Herr Ramsauer (BMBV) wegen der feierlichen Eröffnung einer weiteren Nasszelle auf der Autobahnraststätte Hämelerwald Nord
Unentschuldigt: Herr Tillich (MP SN)

OB Orosz begrüßt die Anwesenden und bittet um Aufnahme des Hinweises ins Protokoll, dass Herr Tillich (MP SN) nunmehr zum zehnten Male unentschuldigt fehlen würde. Sie gratuliert im Namen der LHD herzlich und bietet an, bei Bedarf die Aufgaben des Ministerpräsidenten zu übernehmen, „so die Männer alle keine Lust mehr haben“.
(Geraune im Saal)

1. Protokollkontrolle:

Dem Protokoll der 106. monAB KoWSB wird mit folgenden Einschränkungen und Hinweisen zugestimmt:
Frau Bunge (SM) bittet darum, ihre missverständliche Organisationsbezeichnung in „LHD“ zu ändern. Ihrem Gatten wäre das sonst nicht recht (im Protokoll bereits so enthalten).
Herr Pfenninger (LRH) weist auf die weiter offenen Punkte aus den monAB KoWSB Nr. 45, 46, 53, 55, 66 bis 89 sowie 94 bis 105 bezüglich der Begleichung der Brötchenrechnungen hin und bittet erneut um Klärung. OB Orosz zieht diesen TOP vor und hinterfragt kritisch die Bereitschaft einiger Beteiligter zur Förderung des Projektes. Die Diskussion verläuft ergebnislos, die TOP bleiben weiter offen.
Herr Grüss-Onkel (DB AG) bittet um Erläuterung der Abkürzung „LRH“. Herr Vorjohann schlägt „Landesrechnungshof“ vor. Einstimmig angenommen.

2. Allgemeines

Herr Horch (LfV) berichtet von Stimmen aus der Bevölkerung, die einen Zusammenhang mit dem Termin des hl. Festes der Brückeneröffnung mit einer sogenannten „Bundestagswahl“ kritisch thematisieren. Herr Guck (BfV) verweist auf die bisher sehr zuverlässige Arbeit der IMS -Medien „Los Niveau“, „Kulturpudel“ und „Busenblank“ und wird dort intervenieren. Herr Grüß-Onkel (DB AG) bittet um Erläuterung der verwendeten Abkürzungen und verweist auf das laufende Programm zur Eliminierung unverständlicher Fremd- und Kunstwörter seines Konzern, zieht nach dem Stichwort „Verfassungsschutz“ die Frage aber zurück.
OB Orosz zeigt sich empört über diese perfide und völlig unangebrachte Kampagne der Linksgrünroten, schlägt aber als Kompromiss vor, diese „Bundestagswahl“ nach 2014 zu verschieben. Herr Mücke (BMVBS) nimmt mit und prüft.

OB Orosz stellt nochmals die Frage nach der Brötchenrechnung.
Man tritt in eine Pause ein, um besagte Brötchen zu essen.

3. Stand der Planung

Herr Koettnitz sen. (STA) berichtet, dass inzwischen fast alle Baugenehmigungen und sogar die Statiken von Brücke und Tunneln im Entwurf vorliegen. Bei engagiertem Einsatz aller Beteiligten und zielorientierter Arbeit der Behörden könne man nunmehr von einer fachtechnischen Freigabe der Baupläne im III. Quartal 2014 ausgehen. Eine ernsthafte Schwierigkeit stelle zudem die Beschaffung der für die Ehrengäste vorgesehenen Sänfte dar, da eine EU-weite Ausschreibung nunmal ihre Zeit brauche.
OB Orosz bittet Herrn Koettnitz, nach vorne zu diskutieren und nicht immer nur die Probleme in den Vordergrund zu stellen.

4. Stand der Bauabwicklung

Herr Koettnitz jun. als Vertreter der ARGE berichtet, dass Brücke und Tunnel wie bereits in der 93. monAB KoWSB berichtet „im Prinzip fertig wären“, es jedoch noch kleinere Probleme im Bereich der Nachtragsprüfung durch die LHD gäbe. OB Orosz sagt eine kurzfristige Lösung zu (vgl. auch Protokoll zur 94. monAB KoWSB).
Sie regt nunmehr an, im Zuge der weiterhin vertrauensvollen Zusammenarbeit doch umgehend eine Abschlagsrechnung über 95% der eingereichten und noch offenen Nachtragssumme zu legen. Die Herren Marx, Vorjohann (beide LHD) und Koettnitz sen. (STA) müssen in diesem Moment wegen anderer dringender Termine die Beratung leider verlassen.
Herr Grüß-Onkel (DB AG) hinterfragt kritisch die seines Erachtens unverschämte Haltung der ARGE, für erbrachte Leistungen zum Wohle der Gemeinschaft auch noch Geld haben zu wollen. OB Orosz als Besprechungsleiterin lässt eine Diskussion zu diesem Thema nicht zu.

6. Vorbereitung der Inbetriebnahme

Herr Wacht-Meister (LaPo) informiert, dass alle Verkehrsleiteinrichtungen vollständig installiert und geprüft wären, nur bei den fest eingebauten Einrichtungen zur Geschwindigkeitsüberwachung gäbe es noch Probleme mit der Programmierung, die aber sicher bis Jahresende behoben sein dürften. OB Orosz dankt in herzlichen Worten und stellt die LaPo als positives Beispiel für eine konstruktive Mitarbeit heraus.

Frau Bunge (LHD) berichtet von den im Plan liegenden Vorbereitungen für das Brückenfest zur Eröffnung.
Ein besonderer Höhepunkt stehe mit dem Absingen der „Ode an die Freude“ durch die Mehrheit des Dresdner Stadtrates – begleitet von der Minderheit der Dresdner Philharmonie – am Sonntag nachmittag bevor. Mit der Musikgruppe KARAT werde noch über das Verspielen des Peter-Maffay-Schlagers „Über diese Brücke musst du fahren“ verhandelt, jene sei aber derzeit telefonisch nicht erreichbar.
Im Bereich der Gastronomie sei es gelungen, den örtlichen Hersteller eines bekannten Fernsehbieres zu gewinnen, der seine Überproduktion dem Fest kostenlos zur Verfügung stellen werde. Mit einem Herrn Hoeneß (FCB) stehe man zudem kurz vor Vertragsabschluss, um 530.000 Bratwürste mit den Konterfeis der Protagonisten des Brückenbaus kostenlos zu verteilen. OB Orosz lässt sich die Liste der vorgesehenen Köpfe zeigen und bittet darum, einen Herrn Roßberg durch OB Orosz zu ersetzen. Frau Bunge salutiert.
Der Antrag von Herrn Grüß-Onkel (DB AG), auch Herrn Dr. Grube abzubilden, findet keine Mehrheit.
Herr Mücke (BMVBS) lässt sich bestätigen, dass er auch auf der Bratwurst sei.

Herr Horch und Herr Guck (LfV bzw. BfV) berichten übereinstimmend, dass potentielle Störer des Festes wie „Pfarrer“ König, „Nobelpreisträger“ Blobel, „Fraktionschef“ Schollbach und „Gundi“ Gundermann seit Monaten überwacht würden. Im Ernstfall wären vorsorgliche Platzverweise vorbereitet.

Herr Pfeffersprey (BuPo) erwähnt die an besagtem Wochenende zufällig stattfindende gemeinsame Übung von ca. 2.000 deutschen, türkischen und ägyptischen Sicherheitskräften im benachbarten Langebrück und bietet an, bei Bedarf das Thema der Übung geringfügig anzupassen. OB Orosz dankt und nimmt an.

Herr Sittel (LHD) weist auf die kürzlich aus dem Bestand der Bundeshauptstadt Berlin übernommenen etwa 1.000 Fahnenstangen hin, die Freiwilligen aus der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden könnten, falls diese ihr verfassungsmäßig verankertes Recht auf demokratische Meinungsbildung und politische Auseinandersetzung mit „dem Gesindel“ nutzen wollen. Er bittet jedoch angesichts der Erfahrungen aus dem Schah-Besuch in West-Berlin darum, die Stangen unbedingt gereinigt zurückzugeben.

Monsignore Koch (KathKi) kündigt an, dass Franziskus vsl. am Sonntag gegen 16.23 Uhr auf der Elbe (stromab der Brücke) landen werde. Besondere Vorkehrungen seien seinerseits nicht erwünscht, da jener ein Mann des Volkes sei und ohnehin über Wasser gehen könne.

Herr Reißer (MDR) weist auf die 72-stündige Live-Berichterstattung seines Senders hin. Mit Achim Menzel und Carmen Nebel seien zwei versierte Moderatoren gewonnen worden, die bisher noch jede Autohaus-Feier zu einem Erlebnis gemacht hätten.
Die Verhandlungen mit Herrn Kachelmann (Fa. Wettergott) gestalteten sich allerdings schwierig, da jener fürchte, bei der Einreise nach Sachsen verhaftet zu werden. Herr Morlok (SMWAV) sichert ihm daraufhin freies Geleit zu. Dies wird auf Veranlassung von OB Orosz zu Protokoll genommen.

Seitens Herrn Fußblei (ADAC/Audi AG) wird darauf hingewiesen, dass sein Autokorso nach aktuellen Berechnungen lediglich 65,7 km/h auf der Brücke erreichen könne, er bittet um eine Erweiterung der Auslaufzonen. OB Orosz sagt zu und bittet Herrn Sittel (LHD) um eine verkehrstechnische Sperrung der Stadtteile Johannstadt und Striesen sowie die Evakuierung der MedAk für diesen festlichen Anlass. Herr Sittel wird es ausrichten.

Herr Wacht-Meier (LaPo) meldet sich nochmals zu Wort und teilt mit, dass in seiner Behörde ein Einsatzstab zur Absicherung der Feierlichkeiten gegründet wurde. Für die Leitung konnte Herr Mehdorn (z. Zt. BER) gewonnen werden, der im operativen Doing von Herrn Schwarzenegger (z. Zt. freiberuflich) unterstützt würde. Im ersten Schritt würden Kabelwachen organisiert, die Sabotage an den Überwachungseinrichtungen der Tunnel und der Brücke verhindern sollen (an dieser Stelle spontaner Applaus der Anwesenden). Herr Wacht-Meier bittet um Übergabe von gültigen (!) Verrechnungsdaten für die Saläre der Herren.
OB Orosz verweist auf Herrn Vorjohann (LHD) und lässt mitnehmen.

OB Orosz stellt zusammenfassend fest, dass einer erfolgreichen Brückeneinweihung nichts im Wege stünde und schließt diesen TOP.

7. Sonstiges

OB Orosz dankt eingangs allen Beteiligten für die mehr oder weniger konstruktive Mitarbeit, die beweise, dass Großprojekte auch in „diesem Deutschland“ noch möglich seien, wenn sie nur kompetent gemanagt und politisch straff geführt würden. Sie erinnert allerdings auch an offene Punkte wie z.B. die Brötchenrechnungen.

Herr Präside (LD SN) fasst das Ergebnis der Besprechung noch einmal zusammen und lässt zu Protokoll nehmen, dass auch er anwesend war. Er bittet zudem um die Erhöhung der Lärmschutzwand vor seinem Dienstzimmer bis zur Inbetriebnahme um ca. 5 m. OB Orosz stimmt zu und beauftragt dem Grunde nach Koettnitz jun. (ARGE).

Herr Grüß-Onkel (DB AG) fasst das Ergebnis der Besprechung noch einmal zusammen und verweist darauf, dass er zwar nicht ganz genau wisse, was seine Aufgabe hier gewesen sei, er sich aber immer sehr wohl gefühlt habe. Kritisch merkt er an, dass die Qualität der Brötchen zu Beginn der monAB KoWSB deutlich besser gewesen wäre. OB Orosz sichert die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zu diesem Thema zu und dankt Herrn Grüß-Onkel für seine einhundertsiebenfache unfallfreie Teilnahme an den Besprechungen (alle Anwesenden erheben sich). OB Orosz beauftragt Herrn Lehmann (LHD), die Einleitung des Verfahrens zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde in die Wege zu leiten. Ersatzweise bietet Monsignore Koch (KathKi) die Seligsprechung an. Herr Grüß-Onkel akzeptiert beides.

Herr Mücke (BMVBS) fasst das Ergebnis der Besprechung noch einmal zusammen und teilt mit, dass eine ihm nahestehende Partei die Verschönerung des Umfeldes der Brücke mit seinem Antlitz auf eigene Kosten bereits vorgenommen habe.
Herr Morlok (SMWAV) fasst das Ergebnis der Besprechung noch einmal zusammen und teilt mit, dass eine ihm nahestehende Partei die Verschönerung des Umfeldes der Brücke mit seinem Antlitz auf eigene Kosten vornehmen werde.
OB Orosz dankt und bittet Herrn Lunau (LHD), je ein Plakat der amtierenden OB der LH Dresden neben die Porträts der geschätzten Kollegen Mücke und Morlok zu hängen. Herr Lunau nickt versonnen.

Herr Hilbert (LHD) kehrt in die Besprechung zurück, fasst das Ergebnis noch einmal zusammen und regt an, im Interesse der Pluralität auch Fotografien des Bürgermeisters für Wirtschaft und Umwelt aufzuhängen.

Herr Marx (LHD) kehrt in die Besprechung zurück, fasst das Ergebnis noch einmal zusammen und regt an, im Interesse der Pluralität auch Fotografien des Bürgermeisters für Bau und Stadtentwicklung aufzuhängen.

Herr Vorjohann (LHD) kehrt in die Besprechung zurück, fasst das Ergebnis noch einmal zusammen und regt an, im Interesse der Pluralität auch Fotografien des Bürgermeisters für Fnanzen aufzuhängen.

Herr Lunau (LHD) kehrt geistig in die Besprechung zurück, fasst das Ergebnis noch einmal zusammen und regt an, im Interesse der Pluralität auch Fotografien des Bürgermeisters für Gedöns aufzuhängen.

OB Orosz verweist auf die fortgeschrittene Zeit und regt an, die Vorschläge der Herren von der LHD in der nächsten Sitzung der monAB KoWSB zu behandeln. Sie nimmt diesen Vorschlag einstimmig an.

Abschließend dankt OB Orosz für die Teilnahme, wünscht allen Beteiligten ein schönes Wochenende und fragt in die Runde, ob in den nächsten vier Wochen relevante Termine anstünden. Da dies offensichtlich nicht der Fall sei, schließt sie um 13.36 Uhr die Besprechung und spricht eine herzliche Einladung zur 108. monAB KoWSB aus (Ort und Zeit sh. Protokoll).

Für die Richtigkeit der Niederschrift,
gez. Teichelmauke

Hoch auf dem gelben Rosse

… sitz ich beim Rößler vorn.

Natürlich nicht ich persönlich. Aber im Moment wollen da noch einige sitzen, was sich auch im Internet zeigt.

Ich erklär mal die aktuelle Versuchsanordnung:
Ein Herr Holger Krahmer aus Leipzig (ich hoffe, wenigstens ein oder zwei hier verstehen den Scherz), MdEP für die FDP und sicher seit Wochen im erweiterten Wahlkampfmodus, postet am 9. August 13 auf seiner Politiker-Seite im facebook ein Foto eines Großplakats der SPD Karlsruhe: „Diesen Sommer: Für 3 Millionen Kinder ist kein Urlaub drin. Handeln gegen die soziale Spaltung. Jetzt!“

Facebook, das ist diese neumodische Netz-Plattform für den intellektuellen Exhibitionismus, auch den ungewollten (dass das schön körperlos bleibt, darauf passen Zuckerbergs Sittenwächter schon auf). Krahmer unterläuft dabei ein nachvollziehbarer Beißreflex, in dem er kommentiert: „Soziale Gerechtigkeit beginnt in Deutschland erst, wenn sich jeder einen Urlaub durch Umverteilung leisten kann? Wie wohlstandssatt muss eine Gesellschaft sein, wenn sie dem zustimmt?“

Das kann mal passieren.
Zwar geht es auf diesem Plakat nicht wirklich um Umverteilung, doch eine Sternstunde des Wahlkämpfens ist diese Hervorbringung sicher nicht (zumal in einer Farbe gehalten, die man sonst nur an Pfarrersfrauenbeinen sieht), und so kann man also auch mal in die Luft schießen. Das versendet sich schon.

Dieses Foto haben bis zur Stunde einhundertunddrei Menschen „geliked“, es wurde 22-mal geteilt, sicher meist zustimmend. Etwa 35 Kommentare trafen die Verlautbarung, inzwischen ist die Debatte dort sanft eingeschlafen (keine Sorge, ich weck sie schon wieder).
Da diese einen schönen Überblick über die die Geisteslandschaft seiner Jünger geben (vgl. „Leipziger Tieflandsbucht“), erlaube ich mir anbei eine Zusammenfassung.

Jenny L. macht auf cool: „Empfehle bei der Hitze sowieso Balkonien.“
Jörg-Uwe B. belebt den untoten Witz von den Diäten wieder: „Für mich ist auch kein Urlaub drin. Ich frag mal den Gabriel, ob er mir einen spendiert – der kriegt ja „genug“ an Diäten! (Wobei: Wenn der soviele Diäten kriegt, warum ist der dann immer noch so fett?)
Nico V. bringst seine persönliche Betroffenheit zum Ausdruck: „ ich hab auch keinen Urlaub, da ich arbeiten muss :-((„
Stephan B. ist kreativ und witzig, also sicher FDP-Mitglied: „Die Lösung ist ganz einfach: das volkseigene Urlaubsressort Griechenland, und damit auch alle hinkönnen, schaffen wir noch ein paar Ein-Euro-Jobs, die dann ein Langstrecken-Riksha-Taxi inklusive Camping und Rahmenprogramm anbieten können.
Katja V.-R. weist den Pöbel in die Schranken: „Als Selbstständige halte ich mir meinen Urlaub auch so kurz wie möglich. „Happy Holiday“ kann ich mir auch nicht leisten… Schon alleine wegen der Kundenbindung. Keinem normal arbeitendem Menschen fliegen die gebratenen Tauben in den Mund! Kopfschüttel…“
Patrick D. beweist, dass er alles verstanden hat: „die #spd kann doch ruhig mal eines ihrer kreuzfahrtschiffe zu verfügung stellen? #doppelmoral lässt grüßen“
Robert L. lässt den Halbsozialen raushängen, zieht aber klare Grenzen: „Muss schon sagen: Die Kinder tun mir leid. Im Gegensatz zu ihren Eltern sind sie nicht für die (mangelnde) Finanzierung des Urlaubs verantwortlich.“
Herbert F. macht einen Vorschlag zur Güte: „Schröder, Steinbrück und andere SPD-Parteibonzen könnten leicht die ein oder andere Familie mit in einen Luxus-Urlaub nehmen; also gebt Euch einen Ruck!!! ;-)“
Matthias C. betrachtet es mathematisch-statistisch, auch wenn es an der Orthographie noch zu arbeiten gilt. Aber zumindest kennt er sich mit der physischen Beschaffenheit des Plakats aus: „Bei 81 Millionen Menschen in Deutschland, gibt es bestimmt auch welche die keinen Urlaub machen können. So ein holes Plakat.“
Heiko S. assistiert und hinterfragt zugleich kritisch: „Haetten besser das Geld spenden sollen, als so ein wirres Plakat zu haengen. Wer hat denn die Kinder eigentlich gezaehlt?“ Am Ende stimmt das gar nicht?
Noch ein Cooler, Jens H.: „Urlaub wird ohnehin völlig überbewertet“
Max E., sicher Philologe, hat Ahnung und gibt der Linken eine geile Steilvorlage: „Es gibt keine „soziale Gerechtigkeit“. Es gibt nur Gerechtigkeit oder eben keine. „Soziale Gerechtigkeit“ ist ein Euphemismus für „Sozialismus“.“
Rainer Sch. bringt endlich die lang erwartete historische Einordnung: „Nur was wäre gewonnen, wenn „das WIR“ für 3 Millionen Kinder Urlaub organisieren würde? Der „Ulaubskader“ der Genossen organisert FDGB- oder Kraft-durch-Urlaub- Heime. Gruselige Vorstellung“
Wolf-Dieter Sch. erklärt das mal und bewirbt sich für ein Mandat. Am Ende ist er weltmännisch: „SPD: Senkt die Staatsquote, die Ausbeutung der Bürger für staatlich organisierte Sozialverschwendung, dann haben die Eltern auch das geld, mit Ihren Kindern selbst zu entscheiden, wohin, wann, wie lange und auf welchem Niveau sie in den Urlaub fahren. Dazu brauchen sie weder Eure Fürsorge noch Umfairteilung und Neiddebatte. Dislike SPD!“
Alois R. kennt sogar Wikipedia. Die Debatte wird hochklassig: „Kraft durch Freude“ oder sozialistischer Staats-Urlaub ?? >>Der DDR-Tourismus wurde hauptsächlich über die Betriebe und staatliche Institutionen abgewickelt. Der größte Reiseveranstalter war der Feriendienst des Freien Deutschen Gewerkschaftsbunds (FD…Mehr anzeigen …“
Tom F. ist ein Stück weit stolz auf sich und weiß wie es geht: „Ich mache grade meinen dritten Auslandsurlaub dieses Jahr… zwei kommen noch ^^ hach ja… übrigens war kein Urlaub davon geschenkt… jeder ist seines eigenen Glückes Schmied :)“ (Scheiße, warum fällt mir da „Zuhälter“ ein? Der kann ja auch ganz einfacher Immobilienmakler sein.)
Charles G. gibt sich leidensfähig und ist damit für die Zeit nach dem 22. September bestens aufgestellt: „Für mich ist auch kein urlaub drin…. trotzdem bleibe ich liberal 😀 ….“
Ralf B. weiß wer es war: „Hätten SPD und Grüne im Bundesrat die Beseitigung der kalten Progression nicht blockiert, wäre für sicherlich die Hälfte dieser Kinder ein Urlaub im Ferienlager oder ähnliches drin gewesen. Soviel zum Thema „Handeln gegen die soziale Spaltung“!“ (Klingt irgendwie wie von Links gerufen, ein Irrläufer, Herr Orlowski?)
Henner Sch., Einserjurist, klärt das auf seine Weise: „“Urlaub“ kann eigentlich nur jemand nehmen, der in einem Arbeitsverhältnis ist, Kinder also sowieso nicht. (http://de.wikipedia.org/wiki/Urlaub)“
Desiree McC. fordert ihre Rechte ein: „Ich hatte auch noch keinen Urlaub – was tut die SPD nun für mich?“
Doris B. bringt etwas Lokalkolorit rein: „sparen wir uns doch das Geld für die BuGa und stocken die Förderung der Jugendarbeit, des Stadtjugendrings auf….. Wie steht die SPD nochmals zur BuGa?“
Daniela J., deutsche Frau und Mutter, erzählt uns vom harten Leben unter Adenauer und ist ein guter Untertan: „Gibt es bald ein einklagbaren Anspruch auf Urlaub??? Bin viele Jahre mit den Kindern nicht in den Urlaub gefahren, weil es finanziell nicht ging… Na und, dann haben wir uns eben zu Hause eine schöne Zeit gemacht – die Qualität der gemeinsamen Zeit zählt doch mehr als jeder Pauschalurlaub!!! Das WIR wird immer weltfremder!!!“
Sandro Z. (ja, der) pöbelt wie gewohnt: „Alle, die hier so stolz berichten, dass sie gar nicht in Urlaub fahren können, weil sie so busy, so wichtig oder so kundenabhängig sind, sollten sich mal fragen, ob sie den richtigen Beruf und/oder das richtige Geschäftsmodell gewählt haben. Mein Beileid.“
Die JuLis Baumberge (so etwas wie die Freie Deutsche Jugend, nur mit anderem Vorzeichen) haben gut aufgepasst im Parteilehrjahr: „Jeder sollte selbst am besten wissen, wie er seine Freizeit verbringt. Nicht, dass die Grünen demnächst auch noch ne Urlaubspflicht durchsetzen. Natürlich Klimaneutral! Nicht jedes Kind möchte bei so was mitmachen. Manche Kinder verbringen halt lieber die Zeit bei ihren Eltern, als bei solchen Ferienfreizeiten. Wir können natürlich auch das verpflichtend machen. Die Organisation nennen wir dann Pioniere, oder Pimpfe.“ Eins, setzen!

Ende, vorläufig. Klar, man muss lachen, erstmal. Aber bei diesem gerüttelt Maß an Stumpfsinn, Arroganz und Weltfremdheit bleibt es zumindest mir schnell im Halse stecken.

OK, das ist ein ganz ganz kleiner Ausschnitt, in facebook schwirren täglich Dutzende solcher Wirrnisse durch die Datenbahnen (manchmal können einem die NSAler echt leid tun) und keiner kann für seine Kommentatoren. Aber immerhin, hier ist nichts erfunden, Deutschland 2013.

Nein, ich bin aus dem Weltenretter-Alter raus. Ich weiß selbst, dass Cindy aus Marzahn und Mehmet aus Hasenbergl mit einer Ferienfreizeit (oder wie immer man das nennen will) allein nicht davor zu retten sind, in ein paar Jahren als Dauerhartzer Analogdreck zu fressen und Unterschichtenfernsehen zu glotzen. Aber man muss es doch wenigstens versucht haben, Peggy Sue! Und irgendwo mal anfangen!

Selbst ich kann manchmal nicht annähernd so viel zu mir nehmen, wie ich erbrechen möchte angesichts dieser Mitmenschen.

Hiddenseeer Elegien, Teil 7: Von Zukunftsplänen, Nutten und geräumten Zügen

Man steht sich wie gehabt am Sonnabend bis mittag von Rügen runter und ab mittag auf Rügen rauf, wenn man nur vier Gummiräder zur Verfügung hat. Da kann die neue Rügenbrücke noch so schön sein (hat eigentlich jemals einer der Dresdner Brückenentscheider hier Urlaub gemacht?, sie verlagert das Thema nur und löst es nicht. Wie auch. Wer keine Rügenautobahn bis Klein Zicker will, muss sich damit abfinden, dass es gelegentlich mal eng ist auf den Alleestraßen.

Die Differenzgeschwindigkeit Straße – Bahn beträgt im Moment minus 80 km pro h, ein hübsches Gefühl. Meine Wette ging übrigens unentschieden aus: Zwar kam ein bunter Train mit einer nicht wendezugfähigen 110 in Bergen mit plus 15 um die Ecke, aber der erhoffte Speisewagen aus Böhmen war dran und zwei fehlende Wagen 2. Klasse wurden durch einen recht neuen Großraumwagen ersetzt, der von 1. auf 2. umgelabelt wurde. Und da ein netter Mensch seinen reservierten Sitzplatz von Binz nach Berlin nicht antrat (oder nicht fand), kam ich auch bequem zu sitzen.
Also diesmal kein Genörgel, nur der Hinweis, dass die Farfalle sowohl mit als auch ohne Fauna „beim Tschechen“ sehr empfehlenswert sind.

Was blieb denn offen?

Zuerst einmal ein Thema, das sicher vielen am Herzen liegt: Was darf der Mensch am Hundestrand?
(Zur Erklärung für Nicht-Bader: Gehobene Seebadkultur zeichnet sich durch eine Dreiteilung des Strandes aus, Textil-, FKK- und Hundestrand.)
Während das schöne Wort Freikörperkultur jedem geläufig ist im deutschen Sprachraum (wird das eigentlich übersetzt oder ist das wie mit Kindergarten und Blitzkrieg?) und Textil sehr eindeutig ist, bedarf der Begriff „Hundestrand“ einer Hinterfragung. Wer darf da was? Menschen nur in Begleitung von Hunden? Und nackig oder blößenbedeckt? Und die Hunde? Es besteht Klärungsbedarf.
Ich bezweifele übrigens nicht, dass das in den diversen Ordnungen der Seebäder akribisch geregelt ist, nur weiß es keiner. Es wird also schlecht kommuniziert.

Noch so was: Was macht eigentlich die Küstenwache? Eine Feuerwache greift ein, wenn es brennt, die Rettungswache kommt, wenn es was zu retten gibt … aber Küste ist doch immer? Haben die Kollegen also Dauerstress und werden mit 40 pensioniert oder sind die so abgebrüht, dass sie auch fremde Küsten nicht erschrecken können?

Man kommt auf die putzigsten Gedanken, wenn man so am Meer rumlungert, u.a. auf den beliebten Systemvergleich anhand maritimer Filmkunstwerke. Im Osten fällt mir sofort „Zur See“ ein, jener Straßenfeger mit Horst Drinda am Ruder. „Das Traumschiff“ muss ich leider disqualifizieren, obgleich das schöne Vergleiche böte, hab ich nie gesehen, und wenn, würd ich es nicht zugeben. Also „Das Boot“, weder ein Mehrteiler noch in der Handels- bzw. Touristikflotte angesiedelt, aber halt das Einzige, was mir noch einfällt. Zwar ging der Kahn sehr unrühmlich unter, aber so effektvoll, dass man die Szene auch heute noch in Erinnerung hat. Doch nur DDR-Fernseh-Spezialisten erinnern sich des Sonnenblicks des Kapitäns zum Serienbeginn. Hier ist wohl einer der Schlüssel zu suchen, weshalb Hamburg heute nicht Ernst-Thälmann-Stadt heißt. Prochnow vs. Drinda, Grönemeyer vs. Schubert, ein leider ungleiches Duell.

[Übrigens, völlig offtopic: An einer Synopse der „Schwarzwaldklinik“ und des tschechoslowakischen „Krankenhauses am Rande der Stadt“ hätte ich großes Interesse, liebe Kunsthistorikerinnen.)

Bei der ganzen Denkerei hab ich übrigens ich völlig verpasst, wie der royale Wurf nun heißen wird. Liam, nach dem Vater? Barack, wegen der unverbrüchlichen Freundschaft? Oder Second-Service, wie wir beim Tennis sagen? Eigentlich isses auch egal.

Gelernt hab natürlich auch Einiges im Urlaub:
Man darf auf facebook ein dickes Kind nicht „dickes Kind“ nennen.
Man kann aber sein bellendes Meerschweinchen ruhig „Scarlett“ taufen, sicher auch auf facebook.
Die genaue Uhrzeit lässt sich auch mit „Juli oder August“ angeben (gilt nur auf Hiddensee).
Man wird trotz Erfahrungen nicht schlauer beim Sonnenstrahlenkonsum (gilt nur für mich und wusste ich auch schon).

Berlin naht, bzw. Berlin bleibt wo es ist („und das ist auch gut so“) und der Zug nähert sich der Dönermetropole. Ich tauche in den heimischen Nachrichtenkosmos. Na gut, was man so heimisch nennt, sagen wir mal „das Bundesland, in dem ich polizeilich gemeldet bin“.
Da sind interessante Dinge zu erfahren: Die Sportstadt Riesa – man weiß ja nicht erst seit Loddamaddäus vom Zusammenhang zwischen übermäßigem Sport und IQ – macht sich um die Integration bekannter Neonazis in die städtischen Entscheidungsstrukturen verdient. Uli Hoeneß hat einen Richter gefunden. Castorf wäre in Bayreuth fast gelyncht worden und ist damit automatisch in den erblichen Adelsstand erhoben. Die Sächsische Zeitung hat einen Krisenstab gebildet und beobachtet intensiv das Verkehrsgeschehen in der Dresdner Neustadt sowie Haustierschicksale in ganz Dresden. Bei der Albertbrücke geht es nicht um Fakten, sondern um Glauben und Politik.
Ich wage, den letzten Punkt zu verallgemeinern.

Wie nun weiter? Falle ich in ein tiefes Nachurlaubsloch und muss psychologisch betreut werden? Ach Schmarrn. Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub.
Und heute abend spielt ZAZ in der Garde. Bestimmt ausverkauft, mais je veux.

Aber eine Grundsatzentscheidung wurde urlaubsbedingt durch mich getroffen: Eigentlich hatte ich beschlossen, bis zu meinem 50. Geburtstag scheiße reich zu werden und dann irgendwas mit Koks und Nutten zu machen.
Aber nun hab ich einen anderen Plan: Ich kaufe alles nördlich von Vitte, habe selbstverständlich nicht die Absicht, eine Mauer zu errichten, sondern einen hohen Zaun, heuere die schärfsten Türsteherbullen von Großberlin an und mach es mir in Kloster gemütlich („in“, nicht „im“!). Als Rio der Erste, Sissi die Zweite, Hauptmann der Dritte oder einfach Teichelmauke.

Und das mit den koksenden Nutten geht ja dann immer noch.

PS: Es wird dann doch nochmal spannend.
„Leider fehlt heute der Wagen 256, in den Wagen 259, 258 und 257 ist die Klimaanlage ausgefallen. Aus Kulanzregelung bieten wir Ihnen an, mit dem EC 197 (zwei Stunden später, der Autor) zu fahren. Aus Überbesetzungsgründen können wir sonst nicht weiterfahren.“ Berlin Hbf tief macht seinem Beinamen alle Ehre. Seltsamerweise kann ich die Überbesetzung hier nirgendwo entdecken, mein leidlich gekühlter Wagen 260 ist zu einem Drittel gefüllt und Erstklass- und Speisewagen sind auch intakt.
Fünf Minuten später über Lautsprecher die Räumungsdrohung, schon mit etwas zitternder Stimme. Dann ein Friedensangebot, den ICE nach Leipzig an Bahnsteig gegenüber zu nutzen und dort nach Dresden umzusteigen. Offenbar weigern sich die Insassen der überhitzten drei Wagen tapfer, den Zug zu verlassen. Wer weiß ob das nicht das letzte Boot aus Berlin raus ist?
DB Psychologie tagt dann vermutlich und erkennt, dass man die Menschen aus fünf fast vollen Waggons unmöglich in zweien unterbringen kann. Also versucht man so viele wie möglich erstmal aus dem Zug rauszulocken und in den Alternativzug zu stopfen.
„Letzte Möglichkeit nach Dresden jetzt gegenüber! Der Zug fährt nicht weiter …!“ Die Stimme klingt schon hysterisch. Viele lassen sich becircen, auch weil die Bundespolizei inzwischen aufmarschiert.

Dann nochmal in sachlich: „Wir können die drei Wagen nicht mit Reisenden besetzen, bitte räumen sie diese. Die Bundespolizei wird jetzt durch den Zug kommen.“ Nebenan fährt der ICE nach Leipzig aus. Jetzt geht es ins Finale.
Offenbar sind noch so viele Verweigerer im Zug, dass man sich nicht traut, auf den immer leerer werdenden Wagen 260 (auch hier lassen sich viele verunsichern und steigen aus) zu verweisen. Ich kann das von hier aus nicht sehen. Oder hat man schlicht den Überblick verloren?

15.05 Uhr, ein Häuflein von vielleicht achtzig Mut- und Wutbürgern mit viel Gepäck steht jetzt noch auf dem Bahnsteig. Dann bricht endlich der Damm oder er wird bahnamtlich gebrochen, die beiden intakten Wagen füllen sich. Um 15.27 Uhr verlässt unser Zug (mit drei leeren Wagen an der Spitze und zwei normal besetzten dahinter nebst einem Speisewagen) den tiefen Hauptbahnhof. Was ist eine Dreiviertelstunde in einem langen Leben? Und was soll jetzt noch passieren bis Dresden?

PPS: Man soll sich darüber nicht zu sehr lustig machen. Es ist kein Spaß, über die Hälfte eines vollbesetzten Zuges räumen zu müssen, zumal bei dieser Hitze und bei einem hohen Anteil nicht deutschsprachiger Reisender. Ich hab das schon deutlich schlimmer erlebt, dass es auch professioneller geht, ist keine Frage.
Aber es zeigt sich auch, dass der Umgang mit Menschen (-Gruppen) gar nicht oft genug geübt werden kann, wenn man das beruflich betreibt. Und – aber so ist das ja immer im Leben – eine Kombination von Gelassenheit, Logik und Freundlichkeit bewährt sich in jeder Situation.