Kategorie: Allgemein

Mit der flachen Hand aufs Wasser geklatscht

Gestern (13.09.19) war Saisonauftakt beim Staatsschauspiel Dresden.

Trotz beachtlicher Regie und guten Darstellerinnen kein großer Wurf, was der schwachen Romanvorlage geschuldet ist und dem festen Willen, mal wieder das Leiden Ossi zu verherrlichen.

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Käse von Frau Antje

Warst Du nicht fett und rosig? Warst Du nicht glücklich? Bis auf die Beschwerlichkeiten, mit den anderen Kindern streiten, mit Papa und Mama … Wo fing es an und wann? Was hat Dich irritiert? Was hat Dich bloss so ruiniert?“ (Die Sterne, „Was hat Dich bloss so ruiniert?“)

Es ist hier nicht der Ort, über die körperliche Beschaffenheit von Antje Hermenau zu diskutieren. Das geht außer Ihr niemanden etwas an und trägt auch nicht zur Wahrheitsfindung bei. Daß aber etwas Relevantes geschehen sein müsse, damit Frau Antje sich heute so äußert wie sie es tut, das kann man schon vermuten und deshalb den guten alten Gassenhauer vorweg zitieren.

Frau Hermenau war lange die wichtigste Person der Grünen in Sachsen, nach zehn Jahren im Bundestag führte sie die grüne Fraktion im sächsischen Landtag als Sprecherin durch zwei Legislaturperioden, um dann Ende 2014 – obwohl wieder als Spitzenkandidatin in den Landtag gewählt – auf ihr Mandat zu verzichten, als die Partei ihren schwarzgrünen Bemühungen nicht folgen wollte. Heute ist sie Politik- und Unternehmensberaterin und seit einiger Zeit für die Freien Wähler Sachsen als Geschäftsführerin tätig.

Letzteres ist wohl eher Wirkung als Ursache des Sinneswandels, den sie in ihrem Buch „Ansichten aus der Mitte Europas. Wie Sachsen die Welt sehen“ dokumentiert. Erscheinen wird das Werk am 14. März 2019 in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig, einer honorigen Institution, die sich nach ihrer Selbstdarstellung „die Pflege der evangelischen bzw. protestantischen Theologie und Tradition und die Offenheit für Fragen des Zeitgeschehens sowie aktuelle Entwicklungen in Gemeinde und Kirche“ auf die Fahne geschrieben hat.

Vielleicht ist es auch dem Einfluss des Verlags zu verdanken, daß die Leipziger Volkszeitung mit den Dresdner Neuesten Nachrichten im Schlepptau aus dem Erscheinen des Buches ein veritables Ereignis machen wollte und ihrer Leserschaft von Donnerstag bis Sonnabend drei Vorabdrucke aus dem Buch präsentierte, eingeleitet von einem zweidrittelseitengroßen Interview mit Frau Hermenau am ersten Tage. Die Zeitungen werden sich das überlegt haben, und ein kleines Skandälchen schadet nicht, grad kurz vor der Leipziger Buchmesse ist man dafür dankbar. Und, nicht zu verachten: So kommt auch meine Wenigkeit in den Genuss der Hermenauschen Betrachtungen, für die ich sonst sicher nicht die zehn Euro angelegt hätte, die das Büchlein kosten wird.

Und dies wiederum gibt mir Gelegenheit, darüber ein wenig zu reflektieren und endlich zum Thema zu kommen.

Wer offene Grenzen will, schafft den Sozialstaat ab“ ist das Interview überschrieben. Dieser Satz steht sinngemäß auch im Buch und im Gespräch erläutert Frau Hermenau, daß es Menschen gäbe, „die sagen, sie wollen offene Grenzen für alle“. So richtig klar wird dabei nicht, wen sie meint, und genauso, wie es Menschen gibt, die um Sachsen herum eine Mauer bauen wollen, gibt es sicher auch jene, für die Grenzen prinzipiell unnatürlich sind. Die Frage ist halt, wieviel Einfluss diese Gruppen haben und welche Reichweite. Aber wenn man sich einen solchen Popanz aufbläst, kann man natürlich dann wacker drauf eindreschen und dabei die Stimme der Vernunft geben. Es wirkt halt nur ein bißchen billig.

Überhaupt beschränkt sich Frau Hermenau eher auf die preiswerten Teile der Volkswirtschaftslehre, in dem sie Monokausalitäten zwischen Rentenniveau und Zuwanderung herstellt oder darauf verweist, mit den „100 Milliarden Integrationskosten … heute leistungsstarkes Internet bis zu jeder Milchkanne durch finanziert“ gehabt zu haben. Ramsauer, Dobrindt und Scheuer werden dankbar sein, daß ihre mangelnde Performance in dieser Sache auf einmal finanzielle Gründe hat. Ähnlich übersichtlich sind ihre anderen Wirtschaftsweisheiten, der Mythos vom faulen Ausländer wird bemüht, es wird beklagt, daß „doch wirklich wenige Flüchtlinge in hoch qualifizierten Jobs“ sind (was man denen nun wirklich mal trotz jahrelang unterbrochener Ausbildung und eines Neuanfangs in fremder Sprache und Kultur ordentlich um die Ohren hauen sollte, nur keine falsche Scham) und auf die Frage, ob sie nicht zu schablonenhaft argumentiere, hält sie entgegen: „Nein, denn ich rede mit vielen Unternehmern, die mir ihre realen Erlebnisse schildern.“ Bei diesem Monopol auf die Wahrheit wüsste ich was Besseres als nur Bücher zu schreiben, aber das kann ja alles bei Frau Hermenau noch kommen.

Der zweite Schwerpunkt von Frau Hermenau sind die Sachsen, die unverstandenen, fehlinterpretierten, an- und bodenständigen, heimatliebenden, nicht dummen und es-satt-habenden Sachsen, die „nicht tot gequatscht werden“ wollen. „Loofen musses“ für diese, und ähnliche sprachliche Pretiosen enthält das Buch viele, wenn man den Auszügen trauen kann. „An den Freien Wählern gefällt (ihr), dass die in Berlin und Brüssel keinen Hintern haben, den sie abküssen müssen“. Soviel Schlichtheit im Geiste ist angesichts von zwanzig Jahren als Berufspolitikerin schon entzückend.

Und nein, das Interview scheint nicht besonders zugespitzt zu sein im Vergleich zum Buch. Der erste Auszug beginnt wie folgt:

„Fragt man in Sachsen danach, wer regieren und was die Regierung machen sollte, kann schon mal die Antwort kommen: „Is mr eechentlich egal, wer ohm den Gassbr machd, aber loofen musses.“ Darin liegt tiefe Weisheit. Vor allem klärt der Spruch eindeutig, wer die Arbeit macht und die Mäuse für alle verdient. Kleiner Tipp: „Der Kasper da oben“ ist es nicht. …

Im Folgenden wird dann von einem Geschäftsführer der Sachsen GmbH gefaselt, und die beschränkte Haftung gesteht man Frau Hermenau dann sicher auch im Weiteren zu.

Noch ein Zitat? „Sogar Schießbefehle aus Berlin gibt es wieder. Die fetten Kugeln nennen sich „failed state“, „Nazis“ und „Dunkeldeutsche“. Und dann gibt es da noch jede Menge Kleinschrot für die Kartätschen: „abgehängt“ oder „Pack“. …“ Was freundlich interpretiert noch als bemühte Komik durchgehen könnte, erscheint im Gesamtkontext des Absatzes als Beschwörung des unfehlbaren Sachsen, der ob seiner 1.000-jährigen Geschichte nicht irren könne und für den jede Kritik an seinem Verhalten als anmaßend erscheint. So ist das offenbar auch wirklich gemeint, das Hohe Lied der sächsischen Nation wird gesungen: „Sachsen ist eine Art kleine Nation: Wir haben ein Staatsvolk, eine Staatsgrenze, eine Staatsgewalt, einen Staatsschatz, eine Hochkultur auf Weltniveau (gegenwärtig vor allem in Musik und Malerei) und einen Staatsdialekt.“

Wenn Frau Hermenau so weiter macht, muss Uwe Steimle bald Autohäuserjubiläen moderieren (falls er das nicht schon macht) und die Nationalkasperstelle beim MDR wird endlich weiblich besetzt.

Man könnte über diesen Unsinn traurig schmunzeln und ihn beiseite legen, aber es wird dann auch noch ganz tief ins Klo der ausländerfeindlichen Hetze gegriffen, das soll nicht unwidersprochen bleiben:

„Zudem müssen die mindestens 100 Milliarden Euro bis 2020 für die Zuwanderer auch erwirtschaftet werden. … Was denkt eine Frau, die arbeiten musste, weil ein Gehalt nicht reichte … wenn sie im Fernsehen sieht, wie ein syrischer Familienvater mit zwei Frauen und geschätzten zehn Kindern voll versorgt wird?“

Frau Hermenau, das ist wirklich ein Problem. Aber wissen Sie denn nicht, daß im Koran steht, jeder ordentliche Muslim müsse mindestens einmal im Leben die heiter blühenden Landschaften des Morgenlands mit Frauen und Kindern verlassen, um für mindestens sieben Jahre in die deutschen Sozialsysteme einzusickern? So erklärt sich das doch ganz einfach.

Tut mir leid, aber auf diesen Schmarrn kann ich nur mit Geblödel reagieren, auch wenn Fasching nun vorbei ist.

Zum Ende sei noch einer Befürchtung Ausdruck verliehen: Mit Zitaten wie dem folgenden „Die Verfemung eines ganzen Bundeslandes, das sich nicht einfach so anpassen will, führt u. a. dazu, dass wir von manchen gemieden werden“ wird sich Frau Hermenau vermutlich für zahlreiche zweitklassige Fernseh-Talkshows qualifiziert haben, um dort die Sachsen-Erklärerin zu geben. Vielleicht ist dies auch der tiefere Sinn des Buches.

Für diesen Fall möchte ich zu Protokoll geben, daß Frau Antje Hermenau nicht bevollmächtigt ist, für mich als gebürtigen und wohnhaften Sachsen zu sprechen oder mich zu erklären. Vielleicht kann man das jeweils unten im Bilde einblenden, als Laufschrift. Dankeschön.

 

P.S.: Noch ein helfender Hinweis zu einem Satz aus dem Interview: „Ich möchte mit dem Buch endlich das Fenster aufmachen und frische Luft reinlassen.“ Gnä‘ Frau, das wäre auch ohne Buch gegangen, es sei denn, Sie wollten die Scheibe einwerfen.

 

Von der mühsamen Erzählung einer überhaupt nicht interessanten Geschichte

„Von der langen Reise auf einer heute überhaupt nicht mehr weiten Strecke“ von Henriette Dushe, Regie Babett Grube, Premiere am Staatsschauspiel Dresden am 18. Mai 2018

Der Titel hat was Spannendes, keine Frage, auch wenn er der amerikanischen Dramatik entlehnt scheint. Nur erfüllt die Dresdner Inszenierung dessen Versprechen kaum, sie verheddert sich in einer selbstmitleidigen Familienaufstellung ohne Vater.

Schön war das sicher nicht, was damals denen widerfuhr, die sich per Ausreiseantrag offiziell vom Staate DDR abwandten. Vor allem die Kinder, deren Einfluss auf diese Lebensentscheidung wohl kaum vorhanden war, saßen fortan so lange zwischen den schulischen und heimischen Stühlen, bis ein grauer Mann die frohe Botschaft überbrachte, ganz sicher nicht im Genscherschen Duktus.

Und sicher sind die psychischen Deformationen beachtlich und nachvollziehbar, die sich aus der harten Landung auf dem Traumschiff im Schwarzen Kanal ergaben. Ebenso verständlich ist es, wenn eine Betroffene das aufzuarbeiten versucht. Aber: Will man das auf der Bühne miterleben?

Ja, wenn es so leichtfüßig wie vor einigen Jahren bei „Adam und Evelyn“ daherkommt, nein, wenn man wie hier einer Schreitherapie beiwohnen muss. Da ist weder Schau noch Spiel, allenfalls eine spärlich inszenierte Textrezitation mag man das nennen, auch der verunglückte Retro-Look der um ihre Aufgabe nicht zu beneidenden Darstellerinnen (ohne Gender- *) trug seinen Teil zum Ärgernis bei. „Wozu die ganze Hysterie?“ war man oftmals versucht hineinzurufen, wenn selbst banale Textzeilen gekreischt wurden. Die Geschichte berührte eher peinlich als mitfühlend, des Vaters innere Emigration konnte man bald nachvollziehen.

Für diesen Anlass eher übertrieben war auch das einzige Bild der ansonsten leeren Bühne, die Hülle eines Heißluftballons. Anfangs vor allem als Bettzeug genutzt, wurde diese dann irgendwann dramatisch in den Bühnenhimmel gezogen, um bald wieder herunterzufallen. Zumindest ein einheitliches Niveau kann man dem Abend also bescheinigen.

PS: Mit der Bewältigung der jüngeren Vergangenheit hatte das Staatsschauspiel in dieser ersten Clement – Spielzeit generell wenig Glück. Außer einer schnurgeraden „Nationalstraße“ steht nichts auf der Habenseite, weder der verirrte „Weg ins Leben“ noch der staubtrockene „In seiner frühen Kindheit ein Garten“ konnten überzeugen. Und auch die „lange Reise“ von heute abend muss man leider ermüdend nennen.

Teichelmaukes Hamsterradio #Extra: Der Reißnagel im Arsche der Besinnlichkeit

zur Sendung

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben. Aber heute eine Radioshow zum Fest. coloRadio – Der Sender für die ganze Familie.

Blasphemische Gefühle 

(DebbschMod in der Flooodrinne, gerade eben)

Ich mag keine Menschenmassen. 

Auch dann nicht, wenn sie halbwegs ordentlichen Musikgeschmack haben (was man vielen übrigens gar nicht ansieht).

Dies sei vorweggeschickt. Und die meisten anderen Musikanten sind insoweit vor meinem Gemecker sicher, als ich da gar nicht hingehen würde.

Depeche Mode trifft es nun leider, dabei gehören die zum Besten, was musikalisch so passierte in den letzten zwanzig Jahren. Ja, Präteritum, ich bedaure.

Es ist aber tatsächlich nicht schön anzusehen, wenn sich Mr. Gahan anfangs an einer Mercury-Kopie versucht und dabei natürlich scheitert (und Oberlippenbart geht wirklich nur bei Freddie!) oder Mr. Gore sich richtig quält beim Singen, was man dann zwar nicht hört, aber leider nur zu deutlich sieht. Dafür guckt Mr. Fletcher wie immer, also eigentlich gar nicht.

Ein Stück wie „In Your Room“ mit Tanztheater zu untersetzen, wenn auch nur per Film, ist prinzipiell eine gute Idee und eine schöne Abwechslung im musikalischen Einerlei, nur wäre eine Choreographie dabei auch ganz schön gewesen. 

Auch sonst wird bühnentechnisch nicht viel geboten, bisschen Farbspiele, bisschen Grafik, bisschen Licht, bisschen Film, bisschen lieblos. Immerhin tut die Anlage einen ordentlichen Job.

Langeweile macht sich breit in mir nach einer halben Stunde, da hat sie ja auch viel Platz. Die ausführlich aufgeführte letzte Platte, von der ich mir den Namen nicht merken mag, ist bei weitem nicht so gut wie die vorherige „Delta Machine“, von der es leider kaum etwas zu hören gibt.

Dafür wird die Sache später mit den alten Gassenhauern halbwegs rausgerissen, das macht dann sogar mir Spaß. Ich ertappe mich bei leichtem Kopfwackeln.

Dann gibt es sogar Tiere zu sehen! Die Dresdner Stadtmusikanten? Man erfährt es nicht. Aber süß sindse, von der Töle mal abgesehen. 

Nach anderthalb Stunden ist erstmal Schluss. Und soooo energisch klingt das Klatschen nach der Zugabe nun nicht. Aber Mr. Gore kommt dennoch noch mal und singt schön zum Klavier.

In den dann gezeigten Schuhen dürfte der Versuch, darin zu walken, nicht ganz einfach sein. Ein sehr hübscher Film.

We could be Heroes, yes Sir! Stilgerecht mit schwarzer Flagge. Doch, kann man machen, klingt gut. 

So ein Schlagzeug auf der Bühne macht schon Sinn, am Ende merkt man auch warum. 

Für den persönlichen Jesus reicht es für die drei Herren nicht bei mir, den Posten hat der alte Cash inne. Aber immerhin hat jener die Combo durch seine Coverversion so eine Art heiliggesprochen, erinnere ich mich und stelle das Genörgel ein. Ist ohnehin jetzt Schluss. 

Ein schöner Mond hängt über dem Ende und dem Gelände. Blasphemische Gedanken auf dem Heimweg, trotz des Status: Hätte ich mir früher ansehen sollen, die Kapelle. Nun, es ergab sich nicht. Don’t look back in anger, und CDs hab ich genug.

Kein „Uhhh!!“, nirgends.

„Othello“ von William Shakespeare, Regie Thorleifur Örn Arnarsson, Premiere am Staatsschauspiel Dresden am 29. Oktober 2016

Die Schlussszene versinkt im Bühnenboden. Zumindest dieses Bild ist trefflich gewählt.

Das kleine Island hat im Sommer nicht nur mit „Uhhh!!!“ auf sich aufmerksam gemacht. Ein klein wenig von dieser Kraft wär schön gewesen, und dann vielleicht auch in eine theatralere Richtung. Thorleifur Örn Arnarsson? Ein beeindruckender Name, aber merken muss man ihn sich wohl nicht.

http://www.kultura-extra.de/theater/spezial/premierenkritik_othello_staatsschauspielDD.php

 

Und wenn ein Tor fällt, bauen wir es wieder auf.

Der garantiert ahnungsfreie Liveblog zur Show heute abend. Dafür aber leidenschaftslos.

23.00:
So, Sportsfreunde, nun ist Schluss mit lustig. Welche haben gewonnen, andere hingegen verloren. Fast wie im richtigen Leben.
Wie beenden unsere große Konferenzschaltung und geben zurück in die angeschlossenen Funkhäuser und Eckkneipen.

22.59:
Herr Neuer lächelt auch, also wird der auch gewonnen haben.

22.58:
Also jeden Tag zu gucken wäre mir jetzt zu anstrengend. Zumal zwei Tore in anderthalb Stunden nicht gerade effizient sind. Im Handball geht man da ganz anders ran.

22.56:
Da sich Herr, äh, Schweinsteiger im Fernsehen fröhlich zeigt, vermute ich mal, daß der gewonnen hat.

22.54:
Ich höre grad, daß die Stimmenauszählung wohl noch andauert. So lang wollte ich aber nicht wachbleiben.

22.52:
Der Ball ist eingesammelt worden. Wir warten nun gespannt auf das Urteil der Jury.

22.51:
Offenbar doch keine Verlängerung.

22.50:
Aber wenn der Kommentator „Schweinie“ sagt, kann ich auch behaupten, daß der wie Effenberg aussieht.

22.49:
Zum Glück hab ich keine Witze gemacht über den Namen.

22.46:
Nein, ich mache keine Witze mehr über den Namen.

22.44:
Der „eigentliche Kapitän“, aha. Also auch hier Kompetenzstreitigkeiten in der Führungsebene.

22.42:
Wenn ich die Uhr links oben erkennen könnte, würde ich mal bekanntgeben, wieviel Zeit noch ist. Macht sich immer gut.
Schon blöd, so ohne Brille.

22.40:
Es ist nicht mehr viel zu spielen da, sagt der Kommentator. Immerhin haben die noch einen Ball.

22.37:
Grad nochmal die Bilder auf twitter geguckt: Ein Boateng im Tor zählt offenbar nicht als Treffer. Eigentlich ist das ungerecht.

22.36:
Der Kommentator droht, daß nachher der Beckmann käme. Aber nicht ins „Blue Note“, bitte.

22.34:
Herr Draxler hat Feierabend, freut sich aber nur nach innen.

22.33:
Ganz lang mach ich mich nachher auch.

22.32:
Ein echter Müller-Thurgau, ganz trocken. Bedienung?

22.31:
Herr Götze ist doch dabei und macht es richtig. Es geht also offenbar doch nicht um Tore.

22.29:
Gibt es eigentlich nachher ein Tele-Voting, wer gewonnen hat? Oder wird das ausdiskutiert im Plenum?

22.28:
Guter Ball, böser Ball. Das Spiel kenne ich sonst aus dem Krimi.

22.26:
Man merkt es sicherlich: Ich langweile mich ein bißchen.

22.24:
Mit einer Fläche von 603.700 Quadratkilometern ist die Ukraine der größte Staat, dessen Grenzen vollständig in Europa liegen. Das nutzt aber offensichtlich nicht viel, denn mit 43 Mio. Einwohnern gibt es nur halb so viele potentielle Fußballgöttinnen wie in Deutschland. Also alles ganz logisch zu erklären.

22.21:
Entschuldigung, aber wie soll man denn jetzt schon was zu Ende spielen, wenn es noch 25 min sind? Rätselhaft.

22.19:
Auch, das nichts passiert ist inzwischen.

22.18:
Ich bin sehr erleichtert.

22.15:
Das Spielzeitregime und meine Erleichterungsbedürfnisse passen so gar nicht zusammen. In der Pause musste ich natürlich nicht aufs Klo. Aber jetzt.
Hoffentlich passiert jetzt nichts.

22.10:
Rein klamottentechnisch sehe ich die Ukrainiens im Vorteil (das sind die Gelben). Zwar etwas gewagt, aber auffällig. Die Deutschen (das sind die anderen) sehen im Vergleich eher aus wie Kellner.
Wobei ich nichts gegen Kellner habe.
Mit wieviel Prozent geht denn das in das Ergebnis ein?

22.07:
Der Kommentator bringt zunehmend die Sportarten durcheinander. Jetzt wird auch noch Gas gegeben, wie beim unterhaltsamen Auto-im-Kreis-fahren.

22.06:
Ein Pferd namens Hector hat ausgekeilt? Polo, oder was?

22.04:
Daß die jetzt andersherum spielen, finde ich ganz schön verwirrend. Das ist nicht zuschauerfreundlich.

22.03:
Im vorigen Text war übrigens ein Spaß versteckt. Wer ihn findet, darf ihn behalten.

22.01:
Zurück vom Pausentee, wie wir Reporter sagen. Mal sehen, ob meine Kondition bis zum Ende reicht. Hoffentlich gibt es nicht noch Verlängerung!

21.59:
Die können das Tor noch so oft zeigen, wie sie wollen, es zählt nur einmal. Glaub ich.

21.51
Wenn man zwischendurch die Nachrichtenbilder sieht, merkt man, wie irrelevant im Vergleich dazu der Fußballzirkus ist.

21.47:
Also doch Pause. Vermutlich weil die letzte Minute kaputt war. Der Reporter meint, „angebrochen“. Keine Ahnung, bin kein Chirurg.

21.45:
Der Bartender meines Vertrauens hat auch gerade eine Großtat vollbracht. Mit unglaublicher Schnelligkeit und Präzision hat er mir ein Bier eingelassen. Weltklasse!

21.40:
Und die Pause ist offenbar auch gestrichen.

21.38:
Wie jetzt, Abseits? Was ist das denn?

21.36
So, kann weitergehen.
Ein Herr Götze wird vermisst. Sicher ist der auch aufm Klo.

21.33:
Können wir mal kurz anhalten? Ich muss aufs Klo.

21.30:
Ich finde es unfair dem normalen Werktätigen gegenüber, es als „große Tat“ zu bezeichnen, wenn ein Fußballspieler seinen Job macht.

21.27:
Blöderweise spielen die doch ziemlich oft rechts oben im Fernseher. Da entgeht mir offenbar einiges.

21.22:
Ich fürchte, ab jetzt wird es eher langweilig.

21.19:
Falls die Weißen die Deutschen sind, führen die jetzt. Wenn nicht, dann die anderen.

21.17:
Lustig, was ein Reporter so alles daherredet. „Strategie im Auge behalten“, ah ja.

21.15:
Freude bereiten, das find ich gut. Endlich mal jemand, der das Gespiele nicht zur Staatsaktion erklärt.

21.14:
Sieh an, der Höwedes bloggt auch. Kann mal jemand den Link schicken?

21.11:
Noch keine Tore, das ist mir auch aufgefallen. So richtig fetzt das nicht. Im Theater passiert deutlich mehr.

21.09:
Räume schaffen ohne Waffen!

21.06:
Gelb gegen weiß ist blöd, wenn man die Brille vergessen hat. Wenigstens ist der Rasen grün.

21.05:
Wo ist denn das Welt-Tor, das der Neuer hütet?

21.04:
Der „erste Abschluss“, soso. Wir sind also im Versicherungswesen.

21.02:
Ein Aufzieh-Spiel also. Wieder was gelernt.

21.01:
Ich dachte, die Einteilung rechts und links wäre überholt?

21.00:
Also Löw ohne Anzug, das geht gar nicht.

20.57:
Nachdem ich das bis vor kurzem immer im Theater grölen musste, könnt ich sogar mitsingen. Mach ich aber nicht.

20.55:
Herzschmerzen bekämpft man am besten mit Singen.

20.52:
Vielleicht noch ein praktischer Hinweis: Wenn man so helle Hemdchen anhat, sieht man darauf jeden Dreckfleck. Ich meine, falls man sich schmutzig macht. Man macht sich doch schmutzig beim Sport?

20.50:
Es scheint kalt zu sein in Frankreich, viele dort haben Schals um. Schön sind die aber nicht. Beide.

20.47:
Im Fernsehen fallen dauernd Tore. Ich kann aber nicht erkennen für wen. Bleibt dran, ich klär das!

20.43:
Es ist nicht ausverkauft hier. Ich würde es eher als übersichtlich bezeichnen. Viel Raum zum Spielen.
Und Fernsehen ist ohne Ton erst schön.

20.39:
Damit Ihr Euch das Scrollen erspart, schreib ich von unten nach oben. Clever, wa?

20.33:
Von meinem Reporterplatz im beliebten Jazz-Imbiss unweit des Thalia kann ich bequem den ganzen Tresen überblicken. Und sogar Dreiviertel des oberhalb befestigten Bildschirms. Aber in der rechten oberen Ecke passiert eh nix.

 

Das Rumpelstilzchen-Problem

„Das Goldene Garn (Reckless III)“ nach dem Roman von Cornelia Funke für die Bühne eingerichtet von Robert Koall, Regie Sandra Strunz, Uraufführung am Staatsschauspiel Dresden am 1. November 2015

Uff.
Da geht man einmal nur so zum Spaß ins Theater, ein Märchen schauen, bisschen staunen, bisschen entspannen, und was ist? Wird man doch in der Pause von einer unbekannten netten jungen Dame auf den dann doch hoffentlich bald zu lesenden Bericht zum Stück angesprochen. Während ich noch völlig perplex die dämliche Ausrede stammle, dass mir Kinderstücke zu schwierig sind (tatsächlich, das muss ich gesagt haben) und ich diesmal nur zum Zugucken da bin, baut sich der die Dame begleitende Recke neben jener auf, verkündet körpersprachlich das Ende der Unterredung und erspart mir damit weitere Peinlichkeiten.

Wenn eine solche Situation (Hobby-Rezensent wird im Theater erkannt und belobigt) auf die Bühne gebracht worden wäre, hätte ich sie als extrem unwahrscheinlich gegeißelt, aber heute gibt es ja ein Märchen, da passt das schon. Doch mein Ehrgeiz war geweckt, und so kommen wir nunmehr zum Wesentlichen.


http://www.kultura-extra.de/theater/spezial/urauffuehrung_dasgoldenegarn_staatsschauspieldresden.php

Familienangelegenheiten

„Die Nibelungen“ von Friedrich Hebbel, Regie Sebastian Baumgarten, Premiere am Staatsschauspiel Dresden am 10. Oktober 2015

Eigentlich ist Siegfried schuld an dem ganzen Schlamassel.
Wenn er sich damals, kurz nach der Drachentötung, systemkonform verhalten und Brunhild gefreit hätte, wäre es nie zum großen Schlachten gekommen. Zumindest nicht aus diesem Grund.
Doch Siegfried hat verweigert, was ein paar Folgen später zur Heirat des Königs Gunther Gernegroß mit der Amazone führt. Möglich wird das nur mit zweimaliger Beihilfe des Helden, was diesem erst Gunthers Schwester Kriemhild und dann wegen der Staatsräson den Tod durch Hagen Tronje beschert, als der kleine Schwindel auffliegt.
Aber auch Gunther wird nicht froh mit seiner Gemahlin, und dazu hat er noch seine Schwester verloren. Am Ende schickt jene Liebesgrüße aus Moskau und rottet die gesamte Sippe aus, bevor eine höhere Macht auch Kriemhild vom Spielfeld nimmt.

Das klingt nach Tarantino, ist aber Hebbel und ein sogenanntes Nationalepos. Die Nibelungentreue (besser übersetzt mit „Kadavergehorsam“) ist seitdem sprichwörtlich für etwas, das Geist durch Folgsamkeit ersetzt. Dass die Nazis diese Story aufgriffen, ist dramaturgisch nicht verwunderlich, die Inszenierung erinnert eingangs durch eine Predigt im Riefenstahl-Style daran. Doch Sebastian Baumgarten vermeidet fortan jede Plattitüde und erzählt einfach eine Geschichte.

Oder besser ein Märchen, mit Tarnkappe, einem Wunderschwert, dem unverwundbaren Recken mit Achillesferse zwischen den Schulterblättern und einem sagenhaften Schatz, der hier sinnfällig als goldener Totenkopf erscheint und am Schluss dort ruht, wo der Rhein am tiefsten ist. Siegfried, von Beruf Held, stark, schön und ein bisschen doof, ist trotz seiner Kraft eher ein Gelenkter, König Gunther mangelt es nicht an Schläue, aber an allem anderen, er heiratet über Niveau und stürzt damit seine Familie ins Unglück, Hagen Tronje denkt scharf, aber nur bis zum nächsten Winter. Die nette Schwester Kriemhild wird zur Rachegöttin wider Willen, alle sind gefangen in dem, was sie glauben tun zu müssen.
Das ist nun nicht unbedingt typisch deutsch, Blutrache gibt es in vielen anderen Kulturen auch, und Baumgarten verzichtet zum Glück darauf, mit Zaunpfählen zu winken. Dennoch hat man nie das Gefühl der historischen Beliebigkeit, trotz sparsamer Bezüge zur Gegenwart wähnt man sich immer auch irgendwie im Jetzt.

Und die klassische Deutschlehrer-Frage, was das Stück uns wohl heute zu sagen hätte? Geschenkt. Es wird keine Botschaft verkündet, die Weltenrettung hat heut Pause. Es ist einfach nur gutes Theater, was man hier sieht, auch wenn der Schluss arg eingekürzt wird, der Showdown findet nur im Kopf des Zuschauers statt.

Bühne, Video, Kostüme und Maske sind vom Feinsten, die klug gewählte Musik von Cobra Killer erschreckt vielleicht Teile des Premierenpublikums, ist aber sehr stimmig und wird durch die Bühnenpräsenz noch mehr verstärkt, alles passt, es fügt sich zu einem Gesamtkunstwerk. Großes Bravo erster Klasse.

Ohne die Darsteller wär das alles aber nur die Hälfte wert gewesen, exemplarisch seien hier Rosa Enskat in der Hosenrolle des Hagen, Thomas Eisen als strenger Kaplan und anpassungsfähiger Tschechenfürst, André Kaczmarczyk als kurzbehostes Gewissen der Sippe, Sascha Göpel als kraftstrotzender und kontaktgestörter Siegfried-Siggi sowie als höhere Macht Dietrich von Bern und Christian Erdmann als selbstzweifelnder König Gunther hervorgehoben.
Die Krone gebührt aber zwei Damen: Yohanna Schwertfeger als Kriemhild mit einer in jedem Moment nachvollziehbaren Entwicklung zur Rachegöttin (Chapeau auch für den Auftritt trotz Fußverletzung) und Cathleen Baumann, deren Brunhild ein wundersames Wesen aus dem Wald war, natürlich, unberechenbar, stolz, gefährlich, radikal und dann doch sehr verletzbar. Der Werbel war dann eher eine Zugabe zu dieser großartigen Leistung.

Fazit: Man kann „Die Nibelungen“ auch heute noch machen, wenn man sie so macht. Danke für diesen schönen Theaterabend.

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