Getagged: Kunscht
Who the fuck ist eigentlich dieser Götze?
Der Livekommentar vom Sessel aus, in Facebook festgehalten.
„Man hat sich am deutschen Fußball vergangen“, sagt ein alter Mann mit Brille, der soll wohl populär sein. Das geht ja gut los beim ZDF.
Auch sonst sehr dramatisch.
Schicke Brille hat der Klopp, der Ollie könnte mal zum Friseur.
So ein Wirbel um diesen Bubi? Justin Bieber in sportlich. Dass die Gesetze des Marktes auch und gerade beim Fußball wirken, sollte doch bekannt sein.
„Real weghaun“, genau. Ich geh auch lieber in den Konsum.
So richtig nett sieht eigentlich keiner aus, doch, Mourinho.
Um Gottes Willen, was haben die denn an? Hier vergeht man sich nun wirklich am deutschen Fußball.
„Der Scalp von Klopp fehlt ihm noch“, aha, deswegen die viele Polizei.
Nach 1.52 min beginne ich mich zu langweilen.
Rote Schuhe, schick.
Kann das sein, dass Mourinho dicker geworden ist? Was nimmt der denn?
Auf dem Feld herrscht Freude. Zumindest bei einem Teil der Spieler.
Die himmelblauen Hemdchen haben was. Zumindest deutlich mehr als dieser Design-Unfall in schwarz und gelb.
Die können das Tor so oft zeigen wie sie wollen, es gilt trotzdem nur einmal.
Ich hab den Eindruck, es sind mehr Gelbe als Weiße. Ob das Mourinho merkt? Oder ist das so üblich bei Heimspielen?
Übrigens, Borussia ist der latinisierte Name des ehemaligen deutschen Königreichs Preußen.
Ob das jeder im Stadion weiß? Ist ja auch egal.
Allerdings: Die Borussia – Stiftung und Kulturgemeinschaft Olsztyn / Allenstein ist eine auf kulturellem Gebiet tätige Nichtregierungsorganisation im Nordosten Polens.
Uns so schließt sich schön der Kreis zu den frühen Gastarbeitern in den Ruhrzechen, die heute so schön den deutschen Fußball speisen.
Auf dem Rasen ist nicht so viel los, da kann ich weiter wiki-en.
Auweia, hingefallen isser.
Und so kanns kommen. Viva l’Espagna, viva Don Carlos.
Eigentlich wollte ich schreiben, dass mir bei „Borussia“ auch Diederich Heßling einfällt, obwohl der Teutone war. Egal, derselbe Krempel.
„Kollektiv“, lange nicht gehört, dieses schöne Wort. Nun Pausentee, wie wir Reporter sagen.
Ob der Hoeneß den Götze von der Steuer absetzen kann?
Aha: Die dritte Borussia der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (Hapag) war ein von der Krupp´schen Germaniawerft in Kiel gebautes Einzelschiff, das als Truppentransport- oder Auswandererschiff eingesetzt werden sollte.
Am 22. Oktober 1907 kenterte die Borussia bei der Kohlenübernahme auf dem Tejo nahe Lissabon. Drei Personen kamen dabei ums Leben.
Und wer kommt aus Lissabon? Richtig. Ein schlechtes Omen.
Die schönen Tage von Aranjuez sind für Borussia erstmal vorbei. Können Sie mir folgen?
Der Palacio Real de Aranjuez (span. „Königlicher Palast von Aranjuez“) ist ein Schloss in der gleichnamigen Stadt in Spanien, ca. 50 Kilometer südlich von Madrid.
Was der Löw so erzählt … Was ist der eigentlich von Beruf?
Die Frisur von dem Reus hab ich in den achtziger Jahren mal gesehen.
Viva Polonie! Aber die Bäuche könn’se wieder einpacken bitte.
Wenn man eine gelbe Karte bekommt, kann man die dann behalten?
Hoijoijoi …
Und ne vernünftige Frisur hat er auch, der Reinmacher.
K. S.
Noch ein Tor darf er aber nicht schießen, sonst wird er von Bayern gekauft.
„Ich werde nie zum FC Bayern gehen …“
Ohne seinen Migrationshintergrund sähe der teutsche Fußball ziemlich alt aus.
Der Reporter bemerkt, dass B. noch richtig was draufgelegt hat nach der Pause. Das überrascht mich nun doch.
Drei Ecken, ein Elfmeter. Das würde das Spiel aufwerten, fernsehtechnisch.
Nein, kein Elfmeter, höchstens neun.
Angesichts der wirtschaftlichen Gesamtsituation in Europa wären ein paar spanische Tore nun angebracht.
Zu Zeiten Philip II. war Madrid übrigens der Mittelpunkt der Welt, machtpolitisch gesehen. Ist aber schon eine Weile her.
Herr Reus hätte sich aber „Gelb“ reichlich verdient.
K. M.
Ich lese parallel den live Kommentar von der Konkurrenz – deiner ist amüsanter – nur weiter so 🙂
Ich hätte Don Carlos eingewechselt. Kaka, das klingt ja albern.
Großes Theater. An welches Haus geht der denn in München?
Was den Franzosen die Algerier, ist dem Ruhrpott offenbar Schlesien.
Blöd ist ja, dass man am Ende gar nicht weiß, wer weitergekommen ist. Könn die das nicht gleich ausspielen? Kann mich doch unmöglich nochmal so lange vor die Glotze setzen.
Wenn einer so große Handschuh hat, ist es ja auch kein Wunder, dass der alles hält.
Aha, er hat also schon an drei Paraden teilgenommen.
Wenn einer „Kevin“ heißt, kann man getrost Landsmann zu ihm sagen.
K. M.
Kriegst Du das beim Endspiel als Livestream-Hörbuch hin?
Bei schönen Frauen bin ich willenlos. (Offtopic)
Schieber, Schieber … hab ich früher auch gerufen, als der BFC immer in Dresden gewonnen hat.
„Schluss, aus, vorbei“. Welch überraschende Worte zum Ende. „Der Wahnsinn“. Auch das.
Dann also im Finale doch Preußen gegen Bayern. Dann könn die aber auch in Leipzig spielen. Spart Reisekosten, und die Hütte dort ist eh leer.
Freuen wir uns nun auf das Livekabarett mit Ollie & Ollie.
Ich sollte übrigens auch mal Oliver heißen, der Kelch ging aber an mir vorüber.
Ein 4:1 ist allerdings kein 4:0, das wollte ich nur mal gesagt haben.
Ach, Ollie … Ein Sakko wie von Präsent20 und dann noch reden über Dinge, zu denen Dir der Zugang fehlt … Aber rechnen geht.
„Ja gut, äh …“ Mir hat schon was gefehlt. Obwohl der Froanz gar nicht dabei ist. Das Bullshit-Bingo kann beginnen.
Ollie hat genau beobachtet. Er ist ja auch ZDF-Experte von Beruf.
Und das 2:1 war doch Abseits, sagt der Sessel-Experte.
Tänzerisch ist das 3:1 aber zwei Tore wert, das gleicht sich also wieder aus.
Hat der Welke eigentlich einen Hals? Fällt mir grad so auf.
Wir müssen gucken. Genau. Erst mal gucken, dann mal sehn.
Vollmond, nicht im Fernsehen, sondern draußen. Schön.
Im Gegensatz zum Blödel-TV muss man bei der Quiz-Frage richtig nachdenken. Gab’s zu Netzers Zeiten schon die Champignon-Liga?
Ich bin emotional ein Bayern-Fan. Keine Ahnung warum.
Dante … auch ein schöner Name.
Ach, Rüberie … tu es grand.
Darf man hier „Schweinchenbesteiger“ schreiben? Ich mag den einfach nicht.
Karl-Heinz will sich den FC Bayern nicht ohne Hoeneß vorstellen. Ja gut, äh, aber im Knast hat man doch auch fernsehen?
Herr Mourinho hat es nicht genau gesehen. Hätte TV gucken sollen.
Also: Die Borussia ist nicht vor Lissabon gesunken, Preußens Glanz strahlt durchaus.
Jetzt reicht es aber mit Fußball. Zurück in die Funkhäuser.
Der Besuch der jungen Katze
Etwas weckt mich. An meiner rechten Hand spüre ich eine weiche, wollige Berührung, ganz zart. Noch sind meine Augen geschlossen.
Ich vermute, die Hand hängt aus dem Bett heraus. Das tut sie morgens öfter, ich hab da wenig Einfluss. Also muss das draußen sein, außerhalb des Bettes. Und obwohl die Berührung alles andere als unangenehm war, bin ich erleichtert.
Die Augen weiter geschlossen, überlege ich, was es sein könnte, das mich da touchierte. Meine Wohnung ist gewöhnlich menschenleer, vor allem wenn ich nicht da bin. Ein Tier? Besitze ich nicht, leider, aber von Guppys abgesehen, könnte ich das auch keinem antun. Und Guppys mag ich nicht besonders.
Es könnte das Rätsel lösen, wenn ich die Augen öffnete. Aber der Wecker, oder besser keiner der vier, hat noch nicht geklingelt. Sollte ich da wirklich schon mit der Welt Kontakt aufnehmen? Ich zögere.
Die Neugier siegt, die Lider heben sich. Nein! Vor mir, in etwa einem Meter Abstand, sitzt auf dem Laminat, das noch nicht einmal versucht, wie Parkett auszusehen, ein wunderhübsches, grauweißgetigertes Fellhäufchen und mustert mich interessiert. Erschrocken kneife ich die Augen wieder zu und nähere mich dem Problem zunächst theoretisch.
Habe ich vielleicht Besuch? Besuch mit Katze? Vorsichtig strecke ich meinen Hintern in den bisher nicht von mir belegten Teil des Bettes. Da ist nichts.
Kurz öffne ich die Augen. Die Katze ist noch da.
Bin ich vielleicht gar nicht zu Hause? Was war eigentlich gestern? So spät war es doch gar nicht, und soweit ich mich erinnere, mündeten die freundlichen Plaudereien nicht in einen Hausbesuch. Und so häufig kommt das ja nun auch nicht mehr vor. Auch ich werde älter.
Doch ganz sicher bin ich mir nicht. Erneut öffne ich die Augen, diesmal einen Moment länger. Doch, hinter der Katze erkenne ich ein Schrankregal und den Sessel, auf den ich abends schwungvoll meine Klamotten zu werfen pflege. Das muss meine Wohnung sein.
Nochmal Augen zu, zum Nachdenken. Wenn ich ich bin und ich hier, dann kann die Katze nicht gleichzeitig auch hier sein. Ich habe keine.
Träum ich? Schon möglich.
Eine erneute Sichtkontrolle. Die Katze ist immer noch da. Aber was ist das? Sie erhebt sich von den Hinterpfoten, wendet sich gelangweilt ab und trabt in Richtung Wohnzimmer.
„Kätzchen!“ versuche ich zu rufen. Es ist mein erstes Wort an diesem Tage, entsprechend klingt es. Nichts, womit man Katzen beeindrucken könnte. Natürlich reagiert sie nicht.
Was nun? Aufstehen und das Kätzchen vielleicht erschrecken? „Miau, miau“ machen und sich damit vor dem Kätzchen blamieren? Die Polizei rufen (das Telefon liegt bereit)? Über diesen Überlegungen schlafe ich ein.
Irgendwann danach.
Jeder der vier Wecker hat mich auftragsgemäß gequält, eine halbe Stunde später steh ich dann auch auf. Da war doch was? Richtig, eine Katze! Eine Katze? Ich nenne mich einen Spinner und starte das übliche Morgenprogramm. Das heißt ich schlurfe ins Bad und bringe das Notwendige hinter mich, um dann die Kaffeezubereitung anzugehn.
Auf dem Weg in die Kleinküche muss ich durchs Wohnzimmer. Warum liegt mein Monatsblatt auf dem Fußboden? Der Wind. Klar, wenn man – seitdem der Frühling vor ein paar Tagen schuldbewusst, also umso heftiger von meinem Stadtviertel Besitz ergriff – alle Fenster auf Kipp stehen hat, kann das schon mal passieren. Zugluft halt.
Der Wasserkocher wird lauter, mein Kaffee mit Migrationshintergrund ist bald fertig. Der Kühlschrank bietet ein Bild, das Hilfsorganisationen auf den Plan rufen würde, wenn er öffentlich wäre. Aber das ist er zum Glück nicht.
Vorsichtig am Heißen nippend und dabei wie immer eine kräftige Portion Kaffeesatz schluckend, fällt mir eine Begebenheit von vor zwei Tagen ein. Auf dem breiten Fensterbrett des Wohnzimmers bewahre ich in einer flachen Schale Sand von Hiddensee auf, in welchem eine Figur von Wanitschke steht. Bisschen kitschig, aber ich mag die Komposition.
Aber vor zwei Tagen lag die Figur mit dem Gesicht im Sand, als ich nach Hause kam, und Teile von jenem bedeckten das Fensterbrett und das darunter befindliche Tischchen. Auch da hatte ich kurz gegrübelt und dies dann ebenfalls auf die Zugluft und eine lokal begrenzte Windverwirbelung geschoben, ohne gänzlich überzeugt davon zu sein.
Konnte das ein Zufall sein? Gibt es einen Poltergeist in meiner Wohnung, der sich in verschiedenen Gestalten zeigt, mal als Windhose, mal als Kätzchen? Nein, ich glaube an gar nichts, nur an die Physik. Und manchmal auch an die Biologie.
Misstrauisch mustere ich meine hässlichen Plastefenster. Durch diesen schmalen Kippspalt konnte doch unmöglich …
Eine weitere Begebenheit fällt mir ein. Vor einigen Wochen begegnete ich vor meiner Wohnungstür dem Nachbarsfräulein, welches freudestrahlend zwei winzige Katzenwesen um ihre Beine streichen ließ. Auch ich hatte das Vergnügen, den später mal männlichen Teil dieses wie ich erfuhr Geschwisterpaares zu kraulen und vernahm, dass jenes Duo nun auch hier wohnen würde. Ich gab meiner Verblüffung Ausdruck, dass im Januar Kätzchen geboren würden (denn älter waren die Winzlinge nicht) und ging meiner Wege.
Sollte ich tatsächlich nicht geträumt und Besuch von nebenan bekommen haben? Katzen können alles, da sind wir uns sicher einig. Noch ein Blick zum gekippten Fenster. Für ein erwachsenes Katzentier wäre der Spalt sicher zu eng, aber … für die Zwerge? Doch, so musste es sein. Die katzentypische Neugier, begünstigt durch zwei gekippte Fenster und ein Schrägdach, auf dem sich das Tierchen sicher wohlfühlte, und der Hausfriedensbruch der schönsten Art war vollbracht.
Ein Strahlen erhellt mein Antlitz. Vielleicht war sie ja noch da? „Kätzchen, Kätzchen!“ rufe ich in allen Wohnungsecken, doch kein Kätzchen lässt sich blicken. Dennoch war bin gerührt. Von allen Lebewesen auf diesem Planeten sind die Katzen mir die liebsten.
Ein Untertellerchen stelle ich bereit, gefüllt mit Lassi, was anderes war halt nicht da. Aber Bio, immerhin. Mein Besuch soll sich doch wohlfühlen. Fröhlich geh ich duschen.
Meinen Aufbruch in den Alltag zögeree ich so lang es geht hinaus. Doch kein Kätzchen ist zu sehn. Ob sie jemals wiederkommt?
Dank der fußläufigen Entfernung meines Arbeitsortes kann ich bereits am Mittag wieder nach dem Kätzchen sehen. Das glänzt aber weiterhin mit Abwesenheit. Schade.
Einkauf am Nachmittag. Meinen Konsum-Korb (Konnsum, nicht Konsuhm) ziert auf einmal eine Dose Katzenfutter, vom besten natürlich. An der Kasse summe ich Manne Krug vor mich hin, „da bist du ja“. „Ich gehe los und kauf dir ein Frikassee …“ Genau.
Zuhause: Keine Katze. Das Tellerchen nicht angerührt. Keine Figur umgekippt. Enttäuschung.
Ich glaube, seit heute morgen hat sich mein Leben verändert. Ich werde immer darauf lauern, ob das Kätzchen sich wieder einschleicht. Und wenn ja, werde ich es kraulen, bis es schnurrt.
Doch irgendwann wird es nicht mehr durch den Fensterspalt passen.
NOsterspaziergang
| Vom Eise bedeckt sind Strom und Bäche |
|
Durch des Winters kühlen, gefrierenden Blick; |
|
Im Tale birst ein Schnüffelstück. |
|
Der junge Frühling, in seiner Schwäche, |
|
Zog sich in laue Gebäude zurück. |
|
Von dorther sendet er, greinend, nur |
|
Ohnmächtige Schauer trauriger Postings |
|
In Massen über die eisige Flur; |
|
Aber Knecht Rupprecht duldet nichts Heißes. |
|
Überall quält er Mensch wie auch Tier, |
|
Nur weiß gilt ihm als Farbe hier; |
|
Denn an Blumen fehlts im Revier, |
|
Gibt auch keine geputzte Menschen dafür. |
|
Kehre dich um, von diesen Höhen |
|
Nach der Stadt zurück zu sehen! |
|
Aus dem weiß glänzendem Tor |
|
Dringt der graue Schneematsch hervor. |
|
Jeder wärmte sich heute so gern. |
|
Sie weinen über die Vereisung des Herrn, |
|
Denn sie sind selber eingefroren, |
|
Aus schöner Häuser warmen Gemächern, |
|
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden, |
|
Aus dem Schutz von Giebeln und Dächern, |
|
Aus der Straßen quirliger Menge, |
|
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht |
|
Sind sie alle in die Kälte gebracht. |
|
Sieh nur, sieh! wie mühsam sich die Menge |
|
Durch die Gärten und Felder zerschlägt, |
|
Wie der Fluß in Breit und Länge |
|
So manche dicke Eisscholl‘ bewegt, |
|
Und, bis zum Schornstein tief gefroren, |
|
Versinkt auch jener letzte Kahn. |
|
Selbst von des Berges fernen Pfaden |
|
Hört man die Eingeschneiten klagen. |
|
Ich sehe schon des Dorfes Schänke, |
|
Hier ist des Volkes letzte Tränke, |
|
Ermattet stöhnet groß und klein: |
|
Einst war ich Mensch, jetzt frier ich ein! |
„Schön Feierabnd!“
Generell bin ich neustadtinduzierten Festivitäten gegenüber aufgeschlossen, aber es klappte leider nie bisher. Aber heute.
Seit Oktober gibt es dienstags die Feierabend-Party im Bärenzwinger, die winterliche Ersatzdroge zur Saloppe. Hab nur Gutes gehört bisher.
Ach, der Bärenzwinger. Zwiefache Wehmut umfasst mich, als ich rechtzeitig vor Neun, also kostenlos, das ehrwürdige Gemäuer betrete. In der großen Tonne hab ich oft den Gundermann gehört, bevor die Evangelisten den Club rausgeworfen haben, wofür sie in der Hölle schmoren werden. An der Garderobe musste der Letzte den Mädels immer Sekt spendieren, das ist mir auch ein paar Mal gelungen.
Der zweite Grund der Wehmut ist übrigens rein privat.
Nette Mädels gibt es immer noch, hinterm Tresen. Und die Eibauer Brauerei hat den Laden fest im Griff, sogar Zwickel gibt es vom Fass. Gut so.
Noch ein Lob: Die Wiener werden mit warmem Toast serviert. Wer das für selbstverständlich hält, kauft selten welche.
Der Laden füllt sich nur langsam, es schneit ja auch seit Tagen. Die Musik ist angemessen, sogar alte Tocotronic-Kracher kommen zur Aufführung. Einziger Mangel aus meiner Sicht: Alles sehr herrenlastig bisher.
Auf dem unvermeidlichen Großbildschirm flimmern Fotos vergangener Partys. Scheint richtig was losgewesen zu sein. Ach, ich war ewig nicht hier. Warum eigentlich?
Den Vorteil der Ersparnis von 5 Eu Eintritt (Studis 3) bezahle ich mit etwas Langeweile. Bilder von fröhlich-trunkenen Menschen sind auch nur eine gewisse Zeit unterhaltsam, zumal ich kein Schwein kenne, weder auf den Fotos noch im Saal. Auch die Musik wird anstrengend, Karat wollte ich eigentlich nie wieder hören. Ich warte, das was passiert.
Ein schönes Paar betritt den Raum und unmittelbar danach die Tanzfläche. Respekt, bei mir haben die vielen Tanzstunden leider gar nicht angeschlagen.
Die Musik findet mit „Teil einer Jugendbewegung“ zu alter Stärke zurück, scheucht aber leider das Paar von der Fläche. Tja. Ist leider nicht wirklich tanzbar, aber schööön.
Der DJ korrigiert seinen Fehler schnell.
El Norberto, der Partymeister, ärgert sich ein bisschen über die Weicheier beiderlei Geschlechts, die der harmlose Schnee vom Kommen abhält. Beim letzten Mal wären 120 Menschen dagewesen, versichert er glaubhaft. Zum Trost gibt’s Johannisbeerschnaps aufs Haus, von dem ich unverzüglich betrunken werde.
Qualm on the dancefloor? Feurio?! Nein, nur Depeche Mode – Beweihräucherung. Alle, die sich berufen fühlen, stürmen das Parkett, allein an Menschen fehlts im Revier, um den Faust auch hier unterzubringen (nächste Vorstellung übrigens am 17.12.).
Unmerklich fast füllt sich der Laden doch ein wenig. Die, die da sind, haben Spaß, so soll es sein. Für die anderen kann ich das nicht beurteilen. Am Bildschirm jetzt Impressionen von Echtermeyers legendären Straßenbahnpartys, hübsch anzusehen.
Wir Werktätigen wissen, was um halb Elf ist: Da werden wir müde. Bleiben aber trotzdem noch.
Und es lohnt sich: Eine Dame ist ihrer Kluft nach offenbar grad vom Hengst oder auch Wallach gestiegen, Prinz Charles wäre begeistert ob des knappen Dress. Die einschlägigen Scherze müssen leider unterbleiben, dieser Blog ist und bleibt jugendfrei.
„Boots are made for walking“, naja, geben wir dem Laden noch eine Bierlänge.
Dieselbige später hat sich die Lage nicht geändert: gute Stimmung, meist gute Musik, gutes Ambiente, gute Bar. Fünfzig Leute mehr, und die Sache wär perfekt. (Da hätten übrigens nur die Hälfte derer kommen müssen, die sich per Facebook angemeldet hatten, aber so ist das nunmal.)
Der Volkskorrespondent tritt den halbwegs geordneten Rückzug an, mit dem festen Entschluss, bei fairen Randbedingungen wiederzukommen. Die Feierabend-Party hat es verdient. Nächste Gelegenheit schon am 18.12., und dann am 8. und 22. Jänner, falls die Welt zuvor nicht abgeschaltet wird.
Rundum Wohlfühlen bei facebook: Bloß nichts Negatives! Bloß keinen verärgern!
I like it, ein Dutzend Male am Tag …
Jedes “Like” ein neues Zeichen an die Welt: Ja, ich bin noch da, spiel noch mit, habe eine (positive) Meinung. Ich „leike“ (im Folgenden bleibe ich bei dieser Variante), also bin ich, bin existent und wahrnehmbar.
Außerdem gibt es eine Erwartungshaltung. Bei manchen meiner facebook-Kumpel (über das Wort „Freund“ ist schon genug gelästert worden) habe ich den Eindruck, sie sind beleidigt, wenn ich auf einen ihrer Beiträge mal nicht systemkonform reagiere. Führen die Abhak-Listen? Oder gibt es inzwischen ein Tool bei facebook (gegen Zuzahlung natürlich), das das Abhaken übernimmt und Statusberichte sendet? „Teichelmauke hat drei deiner Posts gelesen, aber noch nicht geleikt“? Da hab ich wohl was verpasst.
Ich gebe zu, dass mir manchmal auch Sachen gefielen, die ich dann nicht geleikt habe. Vielleicht, weil ich den Autor generell nicht so leiken kann, vielleicht auch aus Neid, dass das nicht mir eingefallen war. Manchmal hab ich es auch schlicht vergessen.
Ja, auch den umgekehrten Fall hat es gegeben, meist weil ich der Autorin eine gewisse Leikheit entgegenbrachte, die sich eher weniger auf ihre belletristische Originalität bezog. So ein Leikchen in Ehren kann niemand verwehren …
Ob es je etwas nutzte, vermag ich nicht zu beurteilen. Auch hier gibt es kein ceteris paribus.
Lustig find ich jene Seiten, die mit dem Erreichen einer bestimmten Anzahl von Leiks eine Aussage verbinden, die dann zur Botschaft wird. Tausend Leiker können nicht irren? Oh doch.
Aber zumindest schaden solche Aktionen nicht und tragen auch nur ganz geringfügig zur Klimaerwärmung bei.
Leik und Leid liegen manchmal dicht beieinander. Was uns nachts noch leiklich schien, verursacht am Morgen danach dann doch Schmerzen. Da hilft nur, rückgängig machen und hoffen, dass es noch keiner gesehen hat.
Das Leik als Waffe des kleinen Users? Neinnein, dafür sein ist eher langweilig, das hatten wir früher in der Dadaer zur Genüge. Und der Umweg über das Leiken eines kritisches Postings auf der Seite der, sagen wir mal Kreissparkasse Pirna-Sebnitz scheitert meist an den Administratorrechten selbiger.
Wenn doch mal einer „Hau den Lukas“ schreibt und tausend Tapfere mitleiken, wird vielleicht der BND aktiv (falls es da Internet gibt), aber Minister Lukas hat das nicht mal in der Presseschau. Ein lauer Furz in einer Sommernacht …
Dies führt aber zur entscheidenden Frage: Warum gibt es eigentlich kein „Dislike“?
Weil das nicht dem Geschäftsmodell von facebook entspricht. Konfrontation ist zwar kurzzeitig unterhaltsam, vor allem für die Mitlesenden, führt dann aber doch zu negativen Gefühlen, kein gutes Umfeld für eine Werbebotschaft. Das muss man mit einem Button nicht noch erleichtern, die kritischen Texte werden ja zum Glück meist nur überflogen und schnell erlahmt auch die Aufmerksamkeit. Katzenbilder und Allerwelts-Sinnsprüche sind da gefälliger, irgendeiner leikt immer und schnell ist ein Dutzend beisammen fürs gute Gefühl.
Wat lernt uns dat? Nichts Wesentliches. Ich werde hier nicht zum Leikboykott aufrufen, ich kenne meine Grenzen. Es ist was es ist, sagt nicht nur die Liebe.
Und wir haben wahrlich andere Sorgen.
In diesem Sinne: Leik mei feier.
Vaterlandsliebe …
Unlängst aus dem Touri-Geplapper an der Fähre herausgehört: „… mehr Angst als Vaterlandsliebe …“.
Ja, sicherlich. Ist auch nicht schwer.
Aber ein schönes Wort, diese „Vaterlandsliebe“. Bringt einen auf Gedanken.
Zunächst einmal würde ich das aus meiner Perspektive dem homosexuellen Spektrum zuordnen. An sich kein Problem, ich wollt es nur mal gesagt haben.
Gibt es dann auch eine Vaterlands-Jugendliebe? Und muss man nach dem ersten Mal gleich heiraten, weil sonst die großen Brüder böse sind?
Wie ist das überhaupt mit dem Körperlichen? In meinem Verständnis – gut, rein subjektiv – gehört das ja doch irgendwie dazu? Ob nun dreimal täglich oder jeweils am Hochzeitstag, bleibt der Neigung und der körperlichen Verfassung überlassen, aber ganz ohne? Schwierig, um diese schöne neudeutsche Vokabel auch hier unterzubringen.
Wie äußert sich Vaterlandsliebe? Gedichte schreiben, ok. Und sonst?
Kann ein Mann mehrere Vaterländer gleichzeitig lieben? (Bei mir wärs neben dem Königreich Böhmen dann noch die Bunte Republik, aber das nur nebenbei.)
Und die Frauen? Stabile Zweierbeziehung? Vaterfigur fällt mir da ein, oder besser Vaterlandsfigurliebe. Oder Vaterfigurlandsliebe? Obgleich, allein wegen der Figur liebt man doch nicht?
Apropos, kann ein Vaterland auch fremd gehen? Und wenn ja, auf welchem Mutterboden?
Gibt es auch Dreiecksbeziehungen? Führt das zu diplomatischen Verwicklungen? Wird der Botschafter einbestellt? Wozu? Zur Vaterlandsliebe?
Wozu führt unglückliche Vaterlandsliebe? Zum Wahnsinn, wie sonst auch? Oder nur zur Staatenlosigkeit?
Und, ganz wichtig: Gibt es freie Vaterlandsliebe? Ist Europa so was Ähnliches? Und warum ist Arthur Schnitzler dann ein Schweizer?
Für die, die bis hier durchgehalten haben:
Vaterlandsliebesspiel. Vaterlandsliebesvorspiel. Mir fällt da nur die teutsche Nationalmannschaft (m/w) ein. Erst singen, dann, nun ja, spielen.
Kann man Vaterlandsliebe erzwingen? Von welcher Seite aus?
Hm.
Ich glaub, ich hab in Stabü nicht aufgepasst.
War das jetzt schon Sex?
Backstage an Originalschauplätzen
Bis vor kurzem präsentierte Thomas Eisen seine Rock’and’Roll-Erregung „Backstage“ am Staatsschauspiel Dresden. Ein alternder Kurzzeit-Rockstar räsoniert in der Pause seines Konzertes in der tiefsten Provinz über sein Bühnenleben, verpasste Anschlüsse und Gelegenheiten und die Ungerechtigkeit der Welt. Hannelore Koch als späte Rockerbraut und Managerin muss sich das nicht zum ersten Mal anhören, hat aber ihre eigene Sichtweise. Und die Band will eigentlich nur in Ruhe das spärliche Buffet leeren.
http://www.staatsschauspiel-dresden.de/spielplan/archiv/b/backstage/beschreibung/
Was läge näher, als dieses Stück an einem Originalschauplatz aufzuführen?
Das Blue Note in Dresden, jenes El Dorado der gepflegten Nachtunterhaltung, hat schon viele Stars kommen und gehen sehn. Nun kann man einem auch mal hinter der Bühne zuschauen.
http://www.jazzdepartment.com/
Am 27. und 28. November. Mit den besten Empfehlungen der Teichelmauke.
Kunst im Wasser-Bau
Das ORNÖ war 2012 nochmal in das Wasserwerk Saloppe gezogen und tat gut daran. Der altehrwürdige Bau mit seinen vielen Zimmerchen und den großen, tiefen Hallen bot den idealen Hintergrund für eine Ausstellung aktueller Kunst, die ich vorab schon mal als gelungen und sehenswert bezeichnen möchte.
Empfangen wird man von einer hübschen Arche Noah, einer Doppelskulptur und einer Komposition aus Klobecken und Badewanne. Letztere entfaltet ihre Wirkung sicher erst bei Dunkelheit und fließendem Wasser, weshalb ich mich hier mit einer Bewertung zurückhalten muss. Ich kam schlicht zu früh.
Den linken Eingang wählend, stehe ich vor recht großformatigen Bildern, eines davon namens „Silicon Valley“ lässt ein winziges Männchen mit einer Hebebühne das Dekollete einer überdimensionalen Dame erobern. Naja. Die Spaßgesellschaft verlangt offenbar ihr Recht. Der realistische schweizer Kesselwagen sagt mir mehr zu, ebenso wie das Mädchen mit Krähe.
(Ich muss mich hier entschuldigen, dass ich meist weder die Künstler noch die Namen der Werke exakt wiedergebe. Die Suche nach Hinweisen ist mühselig, ich hatte meinen Faultag und einen Katalog oder wenigstens einen Flyer mit einem Ausstellungsplan gibt es nicht. Auch nicht im Netz, schade. So beschränke ich mich in der namentlichen Nennung auf die, die mir am besten gefielen.)
Einer davon ist Stephan Popella. Seine vier Gemälde in einem separaten Raum gleich links begeistern mich alle, am meisten das, was ich für mich „zweifelnder Jugendfreund vor Generalsekretär“ nenne.
Gleich daneben der für mich am stimmigsten durchkomponierte Raum, die Künstlerin möge mir verzeihen, dass ich vergaß, ihren Namen zu notieren.
Viktoria Graf fällt mir im Obergeschoss noch auf, mit einem wieder sehr assoziationsreichen Bild, dazu ein Mädchen im roten Kleid mit wehendem Haar und die um einen Tisch versammelten Holzskulpturen.
Im ersten großen Raum angelangt, sollte man sich umgehend nach scharf rechts wenden, sehenswerte Bilder und Fotografien (?). Der kleine Junge vor dem Pferdekopf weckt mein Interesse.
Ich steige in die Tiefen des Wasserwerks, eine Künstlerin namens Peggy – Ähh – (auch hier wieder Tschuldigung) bewacht höchstselbst die ihr zugewiesene Industriegrotte und vertreibt sich die Zeit mit Malen. Zu dieser frühen Stunde sind noch recht wenige Besucher unterwegs, da ist der Wachdienst entspannt. Am besten gefällt mir hier eine Art senkrechtes Triptychon voller Weiblichkeit. Das wird mir sicher niemand verübeln.
Auch sehr schön: Ein Trinkbrunnen mit Mosaikkacheln. Der war allerdings schon vorher da und bleibt sicher auch noch länger.
Nun ereilt mich aber ein Ärgernis: Minutenlang grübele ich, was wohl die drei grünen Fingermonster für eine Bedeutung haben, bis es dämmert. Der Sponsor lässt grüßen. Ästhetisch ist dies ein Schlag in die Fresse des Besuchers, aber zumindest zeigen sie deutlich, wo der Unterschied zwischen Kunst und Gewerbe liegt. So hat halt alles sein Gutes, und die Nebenkosten müssen ja auch irgendwie bezahlt werden.
In einem Hinterraum treffe ich auf eine kopflose Figur, deren äußere Beschaffenheit an Fußballleder erinnert. Hübsche Assoziationen fallen mir da ein, es ist wohl nicht nötig, die noch extra aufzuschreiben?
Noch ein Lieblingsbild: Eine Dame in Dunkelblau beim Lippennachziehen, sie wendet mir den Rücken zu, aber im schrägen Spiegel seh ich ihr Gesicht. Sehr anregend.
Auch der sich nach hinten überbeugende Frauenkörper in der Mitte des Raums ist ansprechend, allerdings von grünglibberigen Sitzpfoten umgeben. Muss man sich halt wegdenken oder die Dinger beiseite räumen.
In der dritten und letzten Abteilung, direkt über der Freitreppe fällt zunächst eine wellenartige Installation aus Teebeuteln ins Auge. Vielleicht ist es auch eine Rutsche. Seltsamerweise riecht es gar nicht nach Tee.
Kay Pyta hat einen Raum am Ende der Etage mit seinen Fotografien gestaltet. Ach Augenblick, verweile doch, du bist so schön … Und die Fotos erst. Gänsehaut.
Ganz oben unterm Dach dann noch ein Raum, der sich mit der Flu-huut befasst (hätten wir zum Jubiläum das also auch bespielt), mir aber nicht so zusagt. Interessante Zeichnungen von Constanze Deutsch kommen noch, und die Stadtpläne aus Buchstaben, die die jeweiligen Viertel abbilden. Ganz originell, aber eher Gebrauchskunst, auch wenn die Sonderdrucke sicher dekorativ sind.
Nach knapp zwei Stunden steh ich wieder im Hof. Das hat Spaß gemacht. Mein zweiter Besuch wird sicher am Abend stattfinden, dann gibt es sicher noch ganz andere Eindrücke.
Hiermit wärmstens empfohlen, das Ganze.
(Nur leider nicht mehr besuchbar, seit Ende August ist Schluss)
In echt
„Kleider machen Leute“, eine Fotoausstellung von Herlinde Koelbl im Deutschen Hygiene-Museum Dresden, leider schon Geschichte
Die Idee ist gut. Das Gegenüberstellen von Menschen in ihrer Berufskleidung mit sich selber im Freizeitlook bringt Erkenntnisse. Der einen und der anderen Art.
Das Ganze ist etwas militärlastig, klar, hier geht nichts ohne Uniform. Und reichlich „hohe Tiere“ dabei, zu reichlich. Manchmal schälen sich erstaunliche Menschen aus der martialischen Umhüllung, es gilt zumindest ein Vorurteil zu begraben.
Es wiederholt sich allerdings häufig, der 20. Soldat mit immer demselben Text ist nicht mehr interessant.
Überhaupt, die Texte. Man hat den Abgebildeten meist keinen Gefallen getan, als man sie über sich schreiben ließ. Banal und erwartbar das meiste, zum Teil auch peinlich. Von der angekündigten Empathie der Fotografin hab ich da nichts bemerkt, ich würde eher „Zur-Schau-stellen“ dazu sagen.
Die Ausstellung hat eine klare Botschaft: Der Mensch ist in der Uniform am besten angezogen. Wenn man ihm die Wahl der Kleidung selbst überlässt, kommt oft nichts Gutes dabei raus. Ich hab schon lang nicht mehr so viele schlecht angezogene Leute gesehen.
Auch psychisch gibt die Uniform Halt und Stärke. Während die Portraitierten sich im Berufskleid der Würde ihres Standes bewusst sind und das auch in ihrer Körperhaltung ausdrücken, wirken sie auf den privaten Aufnahmen meist linkisch und verkrampft. Nur wenige sind so cool wie der Rechtsanwalt, der keine Freizeitkleidung besitzt und sich folglich nackt präsentiert.
Wie schon geahnt, erscheint Bischof Müller privat in seiner Ballonseide auch äußerlich als das, was er sonst nur innerlich ist: Ein prolliger Spießbürger. Man muss ihm dankbar sein für soviel Offenheit.
Ein Jäger sieht seinem Hund ähnlich, ein Investmentbanker legt sein aufgeschweißtes Lächeln auch privat nicht ab.
Die meisten haben offenbar eine Flucht in die Uniform vollzogen, Identitätsstiftung findet durch Arbeit und Amt statt, weil da sonst nicht viel ist. Wenn sie die Uniform ins Private verlassen, ist dies keine Befreiung, sondern der Verlust der schützenden Hülle.
Ist das repräsentativ? Möglich. Zumindest macht es nachdenklich. Braucht der Mensch wirklich diese Herdensymbolik für sein Selbstvertrauen? Das Sein bestimmt das Bewusstsein, ja … Aber das Sein ist doch nicht die Uniform, die man anhat?
Die Fotoschnipsel vor der Tür sind lustig, verspielt und machen Lust, sie den gesehenen Bildern zuzuordnen. Ein versöhnender Abschluss.
