Getagged: Gedicht
An einem Sonntagabend.
Sie zieht das kurze Kleid an. Eine dicke Strumpfhose darunter, die wärmt und sieht sexy aus.
Sie geht in die Jazzbar im Viertel. Da ist ja immer jemand, und meist auch Musik auf der Bühne.
Sie behält recht. Etwas Gezupftes, Geblasenes, nett, nicht wirklich relevant. Genau das Richtige am Sonntagabend.
Sie wird angesprochen, klar. Kleid, Strumpfhose und blonde Mähne. Das funktioniert immer. Geplänkel.
Sie trinkt Wein. Dann Espresso. Dann wieder Wein. Macht man so.
Sie unterhält sich. Es wird spät. Mit einem kann man richtig reden. Sie tut es.
Sie erschrickt. Es ist halb zwei. Und morgen wieder das Büro.
Und dann doch noch eine Stunde Plaudern, im Mantel.
Sie geht.
Ein Sonntagabend, ganz normal.
NOsterspaziergang
Vom Eise bedeckt sind Strom und Bäche |
Durch des Winters kühlen, gefrierenden Blick; |
Im Tale birst ein Schnüffelstück. |
Der junge Frühling, in seiner Schwäche, |
Zog sich in laue Gebäude zurück. |
Von dorther sendet er, greinend, nur |
Ohnmächtige Schauer trauriger Postings |
In Massen über die eisige Flur; |
Aber Knecht Rupprecht duldet nichts Heißes. |
Überall quält er Mensch wie auch Tier, |
Nur weiß gilt ihm als Farbe hier; |
Denn an Blumen fehlts im Revier, |
Gibt auch keine geputzte Menschen dafür. |
Kehre dich um, von diesen Höhen |
Nach der Stadt zurück zu sehen! |
Aus dem weiß glänzendem Tor |
Dringt der graue Schneematsch hervor. |
Jeder wärmte sich heute so gern. |
Sie weinen über die Vereisung des Herrn, |
Denn sie sind selber eingefroren, |
Aus schöner Häuser warmen Gemächern, |
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden, |
Aus dem Schutz von Giebeln und Dächern, |
Aus der Straßen quirliger Menge, |
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht |
Sind sie alle in die Kälte gebracht. |
Sieh nur, sieh! wie mühsam sich die Menge |
Durch die Gärten und Felder zerschlägt, |
Wie der Fluß in Breit und Länge |
So manche dicke Eisscholl‘ bewegt, |
Und, bis zum Schornstein tief gefroren, |
Versinkt auch jener letzte Kahn. |
Selbst von des Berges fernen Pfaden |
Hört man die Eingeschneiten klagen. |
Ich sehe schon des Dorfes Schänke, |
Hier ist des Volkes letzte Tränke, |
Ermattet stöhnet groß und klein: |
Einst war ich Mensch, jetzt frier ich ein! |