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Von fahrlässig kann keine Rede sein

Die aktuellen Fakten zur Albertbrücken-Sanierung

Drei Tage ist es nun her, dass der Dresdner Stadtrat (mit einem Unentschieden) das laufende Projekt zur Sanierung der Albertbrücke gestoppt und eine Neuplanung mit durchgängiger Befahrbarkeit für den Kfz-Verkehr während der Bauzeit der Verwaltung aufgetragen hat. Meine heiße Wut hat sich in kalte verwandelt, und mit diesem Schwung will ich den Menschen außerhalb Dresdens erklären, was hier eigentlich los ist.

Die Albertbrücke, ein historisches Bauwerk mit Sandsteingewölben, verbindet seit 1877 die Dresdner Stadtteile Johannstadt und Neustadt. Sie quert dabei die Bundeswasserstraße Elbe und einen knapp hundert Meter breiten Überflutungsbereich. Eine grundhafte Sanierung hat sie nie erfahren, der letzte Prüfbericht wies die Zustandsklasse 4 (5 bedeutet einsturzgefährdet und sofort zu sperren) aus, wobei diese Note nur erteilt wurde, weil zum Zeitpunkt der Prüfung von einer Sanierung ab September 2013 ausgegangen wurde.
Die Erneuerung wird seit Jahren vorbereitet, wozu in 2011 auch eine Hilfsbrücke für Fußgänger und Radfahrer errichtet wurde. Die Fußwege des Bestandsbauwerks sind seitdem gesperrt. Dass auch diese Hilfsbrücke dank ihrer Billigstbauweise von Anfang an umstritten war, sei nur am Rande vermerkt. Interessant aber das Argument von damals, dass die Hilfsbrücke ja ohnehin nur zwei Jahre stehen solle. Diese sind inzwischen fast um, aber ein Nutzungsende ist nicht (mehr) absehbar.

Die planerisch fertiggestellte, ausgeschriebene und inzwischen vergabereife Variante des Baus sah vor, innerhalb einer 21monatigen Bauzeit die Brücke komplett für den Kfz-Verkehr zu sperren und lediglich die Straßenbahn eingleisig durch das Baufeld zu führen. Mit der vierstreifigen Carolabrücke und der zum Baubeginn in Betrieb befindlichen Waldschlösschenbrücke hätten dabei zwei leistungsfähige Umleitungstrassen für den Individualverkehr zur Verfügung gestanden.

Ende Mai 2013 zog Frau OB Orosz plötzlich den Planfeststellungsbeschluss zur Behelfsbrücke hervor und wollte daraus lesen, dass man die Albertbrücke gar nicht für den Kfz-Verkehr sperren dürfe. Was Frau Orosz von Beruf ist, weiß ich leider nicht, aber mit der Juristerei kann es nicht zu tun haben. Nach einigen Tagen verschwand das Thema wieder von der Bildfläche, aus heutiger Sicht muss man den Vorstoß als versuchten Bluff bezeichnen.
Doch man (eine informelle Koalition aus FDP, CDU und anderen Autorechtsaktivisten) hielt am Ziel fest, das Projekt zu kippen und besann sich seiner Machtmittel. Ein ersten Vorstoß im Stadtrat konnte noch knapp abgewehrt werden, woraufhin Frau Orosz ihr Veto einlegte und eine Neuabstimmung erzwang. Dabei fiel nun ein „freier Wähler“ (Franz-Josef Fischer, man muss sich den Namen aber nicht merken) um, damit wieder Unentschieden, diesmal aber zugunsten Zastrow (FDP-Bundesvize, MdL und Stadtrat) & Co..

Es wird nun also nicht gebaut ab September, es ist neu zu planen. Die geschlossenen Verträge für Bauüberwachung, Bauoberleitung und diverse Nebengewerke sind aufzulösen, die Bau-Ausschreibung ist aufzuheben (die bietenden Firmen haben laut Vergaberecht Anspruch auf Ersatz ihrer Kosten) und irgendwann neu zu veröffentlichen. Mit viel Glück verzögert sich der Baustart nur um ein Jahr, allerdings dauert das Ganze dann auch nochmal mindestens sieben Monate länger.
Das Straßen- und Tiefbauamt hat nun das Problembauwerk noch ein weiteres Jahr in der Unterhaltslast und freut sich sicher schon auf den nächsten Winter. Um die Verkehrssicherungspflicht auf und (vor allem) unter der Brücke beneide ich niemanden.

Das Hauptargument neben der „unzumutbaren“ Straßensperrung waren bislang immer die Kosten. Nach den aktuellen Zahlen betragen die Baukosten in der „Straßenbahnvariante“ 25,4 Mio. Euro, bei der „Auto-Variante“ hingegen 28,7 Mio. Euro. Ja, man liest richtig, die zweite Variante ist 3,3 Mio. Euro teuerer.
Spinnen die, die Dresdner? Nicht, wenn man einer sehr speziellen Haushaltslogik folgt: Für die „Auto-Variante“ hat das FDP-geführte Wirtschafts- und Verkehrsministerium des Freistaats 90% Förderung „“in Aussicht gestellt“, für die andere lediglich 75%. Unabhängig davon, wie verbindlich diese Ankündigung sein mag (es existiert m.W. nicht mal ein Schreiben des SMWAV dazu) und wie sich die Mehrheitsverhältnisse Ende 2014 im Landtag gestalten, hat man offenbar zum Taschenrechner gegriffen und ausgerechnet, dass die Landeshauptstadt (!) Dresden einen um 3,5 Mio. Euro geringeren Eigenanteil tragen müsse, wenn man autogerecht baut.

Zwar ist es seit Jahrhunderten Tradition in Sachsen, dass in Chemnitz erarbeitet, in Leipzig gehandelt und in Dresden verprasst wird, aber muss man das denn so deutlich zeigen? Nein, die „ersparten“ 3,5 Mio. fallen nicht vom Himmel, sondern kommen aus dem Haushalt des Freistaats, der von seinem Steuervolk (übrigens auch dem Dresdner) gespeist wird, neben den Transferleistungen u.a. aus wirtschaftlich so starken Regionen wie dem Ruhrgebiet oder Nordhessen.
Wie schamlos muss man sein, das seinem Wahlvolk als kluge Politik zu verkaufen? Besitzen die Damen und Herren ein Grundgesetz? Und haben sie es auch gelesen? Und waren sie bei ihrem Amtseid auch geistig anwesend?

Nochmal im Klartext: Die LH Dresden greift unter Beihilfe eines FDP-Ministers (Sven Morlok, auch das lohnt nicht zu merken) tief ins sächsische Steuersäckel und entzieht dem Gemeinwesen aus wahltaktischen Gründen dreieinhalb Millionen Euro. Nicht anders kann man die Motivation bezeichnen, nachdem sich Zastrow et al. derart weit hinauslehnten im Vorfeld, dass die CDU sie nicht mehr fallenlassen konnte und wollte. De facto werden Stadt und Land also von einer kleinen Gruppe bekennender Egoisten regiert, deren Stimmen für den Machterhalt der CDU zu wichtig sind, als ihnen solche kleinen Wünsche abzuschlagen.

Nach der Klatsche im Pfarrer-König-Prozess hätte die Staatsanwaltschaft hier eine gute Gelegenheit, verlorene Reputation zurückzugewinnen und zu beweisen, dass der Freistaat Sachsen keine Bananenrepublik ist.

Aber wie geht es nun weiter?
• Die beteiligten Ingenieurbüros freuen sich über einen lukrativen Anschlussauftrag und schreddern die alten Pläne.
• Die beauftragte Bauüberwachungsfirma lässt sich entschädigen.
• Der städtische Brückenmeister meldet einen Haushaltsmehrbedarf an oder lässt sich gleich pensionieren.
• Die Sächsische Bau GmbH, die Fa. Hentschke und andere schicken Rechnungen über verlorene Kalkulationsaufwendungen an die Stadt (wenn sie sich trauen).
• Die Kapitäne der „Weißen Flotte“ fahren nur noch mit Helm unter der Brücke durch, das (Bundes-) Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt stellt sich auf eine Vollsperrung der Elbe ein, Bundesverkehrsminister Ramsauer (oder wer immer dann im Amt sein wird) ist not amused.
• Falls auch die Straßenfahrbahn der Brücke gesperrt wird, bemerkt man mit Erstaunen, dass die benachbarten Brücken ohne Weiteres die Verkehrsmenge aufnehmen können.
• Nur die DVB hat dann die A-Karte, der Busnotverkehr kostet Millionen.
• Es wird eine umgehende Sanierung unter Totalsperrung angeordnet, die wegen der Beschleunigungskosten und einer in diesem Falle denkbaren freihändigen Vergabe am Ende mehr als 30 Mio. Euro kosten wird.

Selbst wenn nicht jeder dieser Punkte eintritt: Schon wenige davon reichen aus, um selbst den Pseudo-Vorteil für die Stadt Dresden hinfällig werden zu lassen. Und der Verlierer steht von vornherein fest: Die Gesellschaft.

Zur Untersetzung: Die DVB beziffert ihre Mehraufwendungen bislang mit 1,6 Mio. Euro, Geld, das im Rahmen der Querfinanzierung von den Technischen Werken Dresden kommen wird, einer 100%-Tochter der Stadt Dresden. In den Aufsichtsräten dieser Gesellschaften sitzen neben OB Orosz noch einige, die am Zustandekommen dieser Entscheidung beteiligt waren und sich nun fragen lassen müssen, ob sie sich nicht im Sinne des Aktiengesetzes strafbar gemacht haben. Aufsichtsräte sind dazu da, Schaden vom Unternehmen abzuwenden und nicht diesem in die Tasche zu greifen …
Der Landesrechnungshof des Freistaats Sachsen ist als akribische Prüfstelle bekannt, fast berüchtigt. Es ist zu hoffen, dass diese Vorgänge in Chemnitz nicht unbeobachtet bleiben.

Es fällt mir schwer, ein einigermaßen sachliches Fazit zu ziehen. Ein unglaublicher Vorgang ist zu konstatieren, der drastisch beleuchtet, wie die Regierungsparteien in Sachsen mit ihrer Verantwortung umgehen und dem Gemeinwohl schaden.
Von Fahrlässigkeit kann dabei keine Rede sein, ich plädiere auf Vorsatz.

Es gibt kein Menschenrecht auf kostenloses Parken!

Dass diese Überschrift so kategorisch daherkommt, hat mit dem Ärger zu tun, den ich heute (7. März) beim Zeitungslesen verspürte. Die „Sächsische Zeitung“ hatte auf ihrer Lokalseite Dresden-Neustadt mal wieder einen ihrer berüchtigten Jammer-Artikel platziert, die sich mit dem Thema Auto beschäftigen. An Begriffe wie „Staufalle“ im Zusammenhang mit baustellenbedingten Einschränkungen oder „Abzocke“ für Geschwindigkeitsüberwachungen und Parkscheinkontrollen haben wir uns mittlerweile gewöhnt, und heute waren mal wieder die angeblich fehlenden Parkplätze dran. Stein des Anstoßes sind die Bauarbeiten auf der Bautzner Straße in Höhe des Lutherplatzes, die überraschenderweise dafür sorgen, dass man dort nicht mehr (kostenlos) parken kann. Zur Untermalung des schrecklichen Leids darf der Besitzer der „Hütte“ am Steuer seines Großraumfahrzeuges mit traurigen Hundeaugen aus dem Bild herausblicken. Er muss nun deutlich länger nach einem Parkplatz suchen und dann auch noch ein Stück zu Fuß gehen, wie seine Angestellten auch. Aber zumindest an Trekkingschuhen zur Abfederung der Strapazen dürfte es dort ja zum Glück nicht mangeln.
Nein, der öffentliche Verkehr käme zur Anreise gar nicht in Frage, schließlich wohne man in der Sächsischen Schweiz. Ganz abgesehen davon, dass niemand gezwungen wird, aufs Land zu ziehen, gibt es an fast jeder S-Bahn-Station dort draußen genug Parkplätze, die das Einpendeln nach Dresden erleichtern.
Und auch die Friseurin von der anderen Straßenseite, die in Wachwitz wohnt, muss selbstverständlich mit dem Auto kommen, denn Busse und Straßenbahnen sind gerade für Friseurinnen völlig unzumutbar.

Verstehen wir uns nicht falsch: Natürlich kann sich einE jedeR bewegen wie er möchte und wie er es vertreten kann, aber er/sie soll doch dann bitte nicht erwarten, dass jemand ihm das Equipment dafür kostenlos zur Verfügung stellt. Platz ist in der Stadt ein knappes Gut und ist, solange er in städtischem Besitz ist, generell für alle da. Wenn also eine Gruppe von Verkehrsteilnehmern die Straßenrandflächen zum Parken nutzt und sie damit der Allgemeinheit entzieht, ist es nur recht und billig, dafür einen Obolus zu verlangen.

Es gibt nämlich gar keinen Mangel an Parkplätzen im Großraum Neustadt. Was es aus Sicht einer interessierten Gruppe gibt, ist eine zu geringe Anzahl an kostenlosen Parkflächen in unmittelbarer Nähe zum jeweiligen Ziel. Aber ist das aus Sicht der Gesellschaft wirklich ein Mangel? Warum muss der innerstädtische Lebensraum dem Teil der Bevölkerung, der sich per Auto fortbewegen kann, will und muss, unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, wenn er doch für viele andere Zwecke nutzbar wäre? Breitere Fußwege, Radfahrstreifen oder auch Grünpflanzungen fallen mir da zuerst ein. Nein, wer ein knappes Gut verbraucht, muss auch dafür bezahlen. Kostenloses Parken ist kein Menschenrecht.

Die Tatsache, dass das neue Parkhaus an der Bautzner Straße bislang täglich maximal zur Hälfte gefüllt ist, stützt die These vom ausreichenden Parkraum. Und der Preis (von 1 € für die erste Stunde bis max. 3 € für den ganzen Tag) dürfte niemanden überfordern, der auf das Auto angewiesen ist oder dies zumindest glaubt. Nur steht hier offenbar das Gewohnheitsrecht entgegen: Ich hab hier immer umsonst geparkt, das muss auch so bleiben.

Auch das Argument, die Kundschaft wolle und müsse unbedingt mit dem Auto kommen, wird im SZ-Artikel wieder aufgewärmt. Eine Inzahlungnahme des Parktickets (im Normalfall also ein Euro) kann sich der „Hütten“-Besitzer nicht leisten, achgottchen. Da sind andere Läden aber deutlich weiter, und einen (entgeltlichen) Lieferservice würden sicher viele Kunden in Anspruch nehmen. Wenn man denn wollte.
Zumindest die Großfilialisten im Revier wissen, dass ihre Kunden im Wesentlichen Laufkundschaft im wörtlichen Sinne sind und gehen mit dem Thema gelassen um.

Was bleibt also? Der angebliche Aufreger löst sich in Luft auf, der Artikel dokumentiert eher die Unflexibilität einiger Ladeninhaber.
Die Diskussion, ob der öffentliche Parkraum nicht generell bewirtschaftet werden solle, muss aber gerade in Zeiten, wo für den Straßenunterhalt kaum Geld zur Verfügung steht, unbedingt geführt werden. Auch ist zu hinterfragen, ob Anwohnerparkkarten wie jene für die Neustadt, für die man jährlich 50 Euro zahlt, also weniger als 5 Euro im Monat, noch den richtigen Preis haben.

Eine inspiriertere Verkehrspolitik, als wir sie in Dresden haben, hätte ohnehin aus der Neustadt längst eine Modellregion für autoarmes Wohnen und Arbeiten gemacht. Nirgendwo sonst (in Dresden) sind die Voraussetzungen so günstig: Eine dichte Bebauung mit sehr schmalen Straßen und eine äußerst geringe Kfz-Dichte (statistisch gesehen) treffen auf eine diesem Thema gegenüber in großen Teilen prinzipiell aufgeschlossene Bevölkerung. Zwei Drittel aller Straßen wären ohne Weiteres als Anlieger- bzw. Spielstraßen ausweisbar, mit einer geschickten Verkehrslenkung durch Einbahnstraßen und zeitlich begrenzten Ausnahmeregelungen könnte die Erreichbarkeit auch für den Lieferverkehr jederzeit gewährleistet werden. Es mangelt auch hier schlicht am Wollen.
Stattdessen baut man Sporthallen mit Parkdecks, wo vorher Parkplätze halb leer gestanden haben, selbst wenn im Umfeld immer mehr Parkhäuser entstehen. Gute Verkehrspolitik geht anders.
Aber wie heißt es so schön? „Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe.“ Und warum sollte in der Stadt der ehemaligen Verkehrshochschule und heutigen Fakultät Verkehrswissenschaften der TU, wo viele interessante Konzepte auch zu diesem Thema entwickelt wurden und werden, die Stadtverwaltung davon Notiz nehmen? Der Prophet gilt nichts im eigenen Land.