Es gibt kein Menschenrecht auf kostenloses Parken!
Dass diese Überschrift so kategorisch daherkommt, hat mit dem Ärger zu tun, den ich heute (7. März) beim Zeitungslesen verspürte. Die „Sächsische Zeitung“ hatte auf ihrer Lokalseite Dresden-Neustadt mal wieder einen ihrer berüchtigten Jammer-Artikel platziert, die sich mit dem Thema Auto beschäftigen. An Begriffe wie „Staufalle“ im Zusammenhang mit baustellenbedingten Einschränkungen oder „Abzocke“ für Geschwindigkeitsüberwachungen und Parkscheinkontrollen haben wir uns mittlerweile gewöhnt, und heute waren mal wieder die angeblich fehlenden Parkplätze dran. Stein des Anstoßes sind die Bauarbeiten auf der Bautzner Straße in Höhe des Lutherplatzes, die überraschenderweise dafür sorgen, dass man dort nicht mehr (kostenlos) parken kann. Zur Untermalung des schrecklichen Leids darf der Besitzer der „Hütte“ am Steuer seines Großraumfahrzeuges mit traurigen Hundeaugen aus dem Bild herausblicken. Er muss nun deutlich länger nach einem Parkplatz suchen und dann auch noch ein Stück zu Fuß gehen, wie seine Angestellten auch. Aber zumindest an Trekkingschuhen zur Abfederung der Strapazen dürfte es dort ja zum Glück nicht mangeln.
Nein, der öffentliche Verkehr käme zur Anreise gar nicht in Frage, schließlich wohne man in der Sächsischen Schweiz. Ganz abgesehen davon, dass niemand gezwungen wird, aufs Land zu ziehen, gibt es an fast jeder S-Bahn-Station dort draußen genug Parkplätze, die das Einpendeln nach Dresden erleichtern.
Und auch die Friseurin von der anderen Straßenseite, die in Wachwitz wohnt, muss selbstverständlich mit dem Auto kommen, denn Busse und Straßenbahnen sind gerade für Friseurinnen völlig unzumutbar.
Verstehen wir uns nicht falsch: Natürlich kann sich einE jedeR bewegen wie er möchte und wie er es vertreten kann, aber er/sie soll doch dann bitte nicht erwarten, dass jemand ihm das Equipment dafür kostenlos zur Verfügung stellt. Platz ist in der Stadt ein knappes Gut und ist, solange er in städtischem Besitz ist, generell für alle da. Wenn also eine Gruppe von Verkehrsteilnehmern die Straßenrandflächen zum Parken nutzt und sie damit der Allgemeinheit entzieht, ist es nur recht und billig, dafür einen Obolus zu verlangen.
Es gibt nämlich gar keinen Mangel an Parkplätzen im Großraum Neustadt. Was es aus Sicht einer interessierten Gruppe gibt, ist eine zu geringe Anzahl an kostenlosen Parkflächen in unmittelbarer Nähe zum jeweiligen Ziel. Aber ist das aus Sicht der Gesellschaft wirklich ein Mangel? Warum muss der innerstädtische Lebensraum dem Teil der Bevölkerung, der sich per Auto fortbewegen kann, will und muss, unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, wenn er doch für viele andere Zwecke nutzbar wäre? Breitere Fußwege, Radfahrstreifen oder auch Grünpflanzungen fallen mir da zuerst ein. Nein, wer ein knappes Gut verbraucht, muss auch dafür bezahlen. Kostenloses Parken ist kein Menschenrecht.
Die Tatsache, dass das neue Parkhaus an der Bautzner Straße bislang täglich maximal zur Hälfte gefüllt ist, stützt die These vom ausreichenden Parkraum. Und der Preis (von 1 € für die erste Stunde bis max. 3 € für den ganzen Tag) dürfte niemanden überfordern, der auf das Auto angewiesen ist oder dies zumindest glaubt. Nur steht hier offenbar das Gewohnheitsrecht entgegen: Ich hab hier immer umsonst geparkt, das muss auch so bleiben.
Auch das Argument, die Kundschaft wolle und müsse unbedingt mit dem Auto kommen, wird im SZ-Artikel wieder aufgewärmt. Eine Inzahlungnahme des Parktickets (im Normalfall also ein Euro) kann sich der „Hütten“-Besitzer nicht leisten, achgottchen. Da sind andere Läden aber deutlich weiter, und einen (entgeltlichen) Lieferservice würden sicher viele Kunden in Anspruch nehmen. Wenn man denn wollte.
Zumindest die Großfilialisten im Revier wissen, dass ihre Kunden im Wesentlichen Laufkundschaft im wörtlichen Sinne sind und gehen mit dem Thema gelassen um.
Was bleibt also? Der angebliche Aufreger löst sich in Luft auf, der Artikel dokumentiert eher die Unflexibilität einiger Ladeninhaber.
Die Diskussion, ob der öffentliche Parkraum nicht generell bewirtschaftet werden solle, muss aber gerade in Zeiten, wo für den Straßenunterhalt kaum Geld zur Verfügung steht, unbedingt geführt werden. Auch ist zu hinterfragen, ob Anwohnerparkkarten wie jene für die Neustadt, für die man jährlich 50 Euro zahlt, also weniger als 5 Euro im Monat, noch den richtigen Preis haben.
Eine inspiriertere Verkehrspolitik, als wir sie in Dresden haben, hätte ohnehin aus der Neustadt längst eine Modellregion für autoarmes Wohnen und Arbeiten gemacht. Nirgendwo sonst (in Dresden) sind die Voraussetzungen so günstig: Eine dichte Bebauung mit sehr schmalen Straßen und eine äußerst geringe Kfz-Dichte (statistisch gesehen) treffen auf eine diesem Thema gegenüber in großen Teilen prinzipiell aufgeschlossene Bevölkerung. Zwei Drittel aller Straßen wären ohne Weiteres als Anlieger- bzw. Spielstraßen ausweisbar, mit einer geschickten Verkehrslenkung durch Einbahnstraßen und zeitlich begrenzten Ausnahmeregelungen könnte die Erreichbarkeit auch für den Lieferverkehr jederzeit gewährleistet werden. Es mangelt auch hier schlicht am Wollen.
Stattdessen baut man Sporthallen mit Parkdecks, wo vorher Parkplätze halb leer gestanden haben, selbst wenn im Umfeld immer mehr Parkhäuser entstehen. Gute Verkehrspolitik geht anders.
Aber wie heißt es so schön? „Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe.“ Und warum sollte in der Stadt der ehemaligen Verkehrshochschule und heutigen Fakultät Verkehrswissenschaften der TU, wo viele interessante Konzepte auch zu diesem Thema entwickelt wurden und werden, die Stadtverwaltung davon Notiz nehmen? Der Prophet gilt nichts im eigenen Land.
Ein guter Artikel dem ich mich vorbehaltlos anschließen kann. Und der Kern ist treffend, es scheitert meistens am wollen.
Guter Artikel. Muss man eigentlich nichts hinzufügen.
Eine Story nur kurz dazu. Ich habe mal am Lutherplatz auf eine Freundin gewartet, um mich mit ihr zum Kneipgang zu treffen, Hatte also Zeit mich umzuschauen. Da waren Eltern mit spielenden Kindern und der ganze Platz umzingelt von Autos. Nachdem die Kleinen im Wasser getollt haben, sind sie dann losgerannt, Richtung Heimat. Ohne zu gucken, sind ja Kinder, zwischen den Autos durch, die Eltern hinterher. Ehrlich gesagt, ich hätte um meinen Nachwuchs Angst und die Erziehungsberechtigten hatten es auch. Ich frage mich, muss das sein? Müssen da überall Blechkisten rumstehen? Erhöht das die Lebensqualität?
Prinzipiell sehe ich das alles genauso wie der Autor. Allerdings möchte ich noch erwähnen, dass es hier so klingt, als würden in der Dresdner Neustadt nur die auswärts Wohnenden für Parkplatzprobleme sorgen. Das ist nicht so. Ich* hatte selbst in den 90ern für eine Weile in der Neustadt zu tun. Erstaunlicherweise war die Neustadt zwar angeblich ausschließlich von umweltbewussten Autogegnern bewohnt, seltsamerweise besaßen aber genau diese Autogegner alle auch selbst ein Auto, welche in der Summe die gesamte Neustadt zum Parkplatzproblem machte. Und heute ist das nicht grundsätzlich anders.
(* besitze kein eigenes Auto, fahre größtenteils Rad und heute mit dem Bus)
Ich wünsche Ihnen, für 4 Wochen schwerstgehbehindert zu sein, auf den Rollstuhl und auf das Auto tatsãchlich angewiesen zu sein. (In Dresdens Innenstadt ist fast überall gepflastert, das sieht schön aus. Wenn aber nun jeder härtere Ruck im Kassenrollstuhl sehr weh tut.)
Ich denke, Ihre behindertenfeindlichen Häme werden Sie dann unterlassen.
Wir können gern einmal zusammen nach bzw. durch Dresden fahren.
DB
Darum geht es doch gar nicht. Ich finde es albern, die berechtigten Belange Behinderter mit den Gewohnheitsrechten von Autonutzern in einen Topf zu schmeißen.
Ihnen, DB, wünsche ich 4 Wochen lang einen angemessenen IQ, um einigermaßen komplexe Zusammenhänge verstehen zu können. Ihre Reaktion unter Zuhilfenahme konstruierter Situationen zeigt, wie berechtigt die Meinung des Autors ist! Das ein Auto gelegentlich unverzichtbar ist, steht außer Frage und wird in obigem Artikel auch nie in Frage gestellt!