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Qual der Wahl mal anders
Lustiges und Bösartiges über Wahlplakate
„Wohin mit dem Hass?“ sangfragte der Distelmeyer-Jochen schon vor Jahren, und ich weiß was er meint. Da muss halt eine jede ihre Lösung selber finden (und sagt mir nicht, es gäbe nichts zu hassen).
Meinereiner verklappt das seit Jahren in die nützliche Erfindung „Internet-Blog“ – für Begriffsstutzige: Das ist hier, wo Du grad bist. Das tut erstmal gut, es ist raus und kann gefunden werden. Die ganze Welt kann es lesen, oder könnte es, denn sie wird das nicht tun, warum auch. Niemand wird es lesen oder ein paar wenige, heute oder morgen, es kommt nicht darauf an.
Die Vorrede eben hat nicht viel mit dem folgenden Text zu tun, der objektiv wie immer sein wird. Sie schlummerte aber schon eine Weile im tiefen Teller der Teichelmauke, und nun ist sie aufgewacht, macht Blasen und will raus. Also bitte, gern geschehen.
Eigentlich soll es um meine Lieblingsinspiration gehen: Wahlplakate.
Genauso wie ich überzeugt bin, daß diese keinen halbwegs vernünftigen Menschen in seiner Entscheidung beeinflussen (aber es gibt ja auch noch ein paar andere), so begierig saugen sich meine Augen an jedes Stück Pappe, das mich bekehren soll. In Wahlkampfzeiten bin ich blind für alles andere in der städtischen Welt – wenn in einem Schaufenster Nackte ausdruckstanzen würden, was selbst in Dresden nicht völlig unwahrscheinlich ist, ich bemerkte sie nicht.
Ich finde das weder gut (mein Verhalten) noch schön (den Anblick). Die quietschbunte Installation kann selbst die langweiligsten Innenstadtstraßen – von denen die weltgrößte Landeshauptstadt von ganz Sachsen reichlich hat – noch versauen und daß deren Hängung immer öfter für diverse Nichtsnutze Anlass wird, ihrem Mangel an Anstand, Bildung und vielem anderen Worte und leider auch Taten zu verleihen, macht es nicht besser.
In oberbayrischen Kleinstädten sah ich mal eine auf den ersten Blick originelle Lösung: Es hatte an den zentralen Plätzen große Bretterwände, so drei mal sechs Meter, an denen war die bildliche Botschaft zu hängen und sonst nirgendwo. Nun gibt es in besagten Flecken in der Ansichtsgüte meist nicht viel zu verderben, was über weißblauen Touri-Kitsch hinausginge, und irgendwie finde ich es auch apolitisch, aber die vergleichende Wahlplakatdeutungswissenschaft hat weniger Aufwand (Verkehrsvermeidung!) und das Volk hat einen Platz, wo es sich versammeln und etwaige Meinungsunterschiede gleich besprechen kann wie dunnemals auf der Agora der Griechen. Heutzutage sind auch Frauen zugelassen, so weit ist man in Bayern dann doch.
(Überhaupt ist man in Bayern in vielen Dingen schon sehr weit, zumindest deutlich weiter als hier, das kann auch die dortige Koalition aus CSU und Mistgabel-CSU nicht zurückdrehen.)
Aber ich verzettele mich. Eigentlich sollte doch die Parteienbeschimpfung im Mittelpunkt stehen, da nehmen wir die Mistgabel mal als Überleitung.
Die „Freien Wähler“, denen die erste Unverschämtheit galt, sind mir bislang plakativ nicht bewusst vor Augen gekommen im aktuellen Wahlkampf. Gewiss sind sie auch vertreten, ein Oberbürgermeister eines mittelsächsischen Kaffs strebt ja nach Höherem, aber aufgefallen sind sie halt nicht. Sie gehen unter in den vielen „Freien“, und als Faustformel mag gelten, daß „frei“ vor allem frei von Empathie, Güte, Menschlichkeit und weiteren Eigenschaften, mit denen früher die Gutmenschen und heute die woke Blase in Verbindung gebracht werden, bedeutet. Dies vor die Klammer gezogen, sind die Ausprägungen rechts der Mitte weit aufgefächert. Von puren Rechtsradikalen und Neonazis, die frohgemut schon unseren stellv. Ministerpräsidenten – einen Winkeladvokaten aus Chemnitz – plakatieren, über drei alte weiße Männer mit Hund, die was von Wadenbeißer schreiben, obwohl der Hund gar nicht zur Wahl steht bis zu einem Bündnis, das sich atypisch gar nicht auf die Freiheit beruft, aber mit der Dümmlichkeit der Botschaften gut ins Cluster passt, ist vieles vorhanden. All diesen wünsche ich satte vier Prozent zu Lasten derjenigen, die noch zu beschimpfen sein werden.
Bei „frei“ ist noch eine Fußnote angezeigt. Auch die FDP bezieht sich darauf und beweist mit ihrer aktuellen Kampagne, daß neben Immobilienheinis auch Werbefuzzies die Basis der Partei bilden. Nun hat sie aber keine Müllerstochter und auch kein Rumpelstilzchen (das ist ja ausgetreten, haha), und so wird das gedroschene Stroh wohl nicht vergoldet werden können. Aber die F.D.P. oder fdp oder was immer der Zeitgeist bisher zu fordern schien, hat eine Mission ausgerufen, und Missionar Malorny wäre mit den vier Prozent wohl mehr als glücklich, realistisch betrachtet. Immerhin erfahren wir, daß M. ein Mobiltelefon besitzt, Technologie in seinem Hobbykeller entsteht, er auf Wunsch dackelgleich gucken kann und heiße Luft stets die heiße Luft der anderen ist. Mehr will ich gar nicht wissen.
Nicht nur alphabetisch käme Herr Z. für mich am Schluss. Aber so wichtig ist er nun auch wieder nicht, daß ich ihm das Ende meiner Elegie widmen möchte, und irgendwie zählt er ja auch zur liberalen Hinterlassenschaft. Gerne würde ich ihn fragen, was er als einzelner Abgeordneter (wenn er denn gewählt würde) im Landtag tun wird: Sein Ausflugslokal sachsenweit promoten? Dem Affen mal richtig Zucker geben? In jeder Rede bekannt geben, daß die Grünen der Beelzebub sind? Eine Altersversorgung aufbauen? Sicher ist es alles davon und noch viel mehr, aber was man als Wählerin davon hat (Familienangehörige mal ausgenommen) bleibt mir ein Rätsel. Bühnen hat der Holger mit dem Stadtrat und diversen Ausschüssen nun wahrlich genug, auch die Sächsische Zeitung ist stets zu Diensten, wenn auf der Hofewiese mal wieder ein Kasten Bier umgefallen ist oder dem Zastrowitsch irgendwas nicht passt an der Dresdener Verkehrspolitik.
Da wir grad bei Populist*innen sind (das Sternchen setze ich hier mit besonderer Freude): Die Dame mit dem Porzellangesicht schickt sich an, auf sächsischem Boden die aktuellen Weltprobleme zu lösen. Das ist ihr umso höher anzurechnen, als das sie hier gar nicht zur Wahl steht, aber das ist egal, wo ein Genosse ist, da ist auch die Partei. Und so werden bald Frieden, Gerechtigkeit und Zusatzrente überall einziehen, da hat die Hl. Johanna mit der Töle nicht mehr viel zu melden, selbst wenn diese auch anbietet, den Krieg zu beenden.
Die Marke „BSW“ ist mir aber noch einen Absatz wert. Das ehrbare Bahn-Sozialwerk (das nun wirklich nichts für die aktuelle Misere der DB AG kann) hat diese bei mir seit jeher inne, und ich hoffe, bei vielen anderen auch. Da diese mit vielen positiven Vibes belegt ist, es hat sowohl auf Hiddensee als auch in Garmisch Ferienhäuser, die man für kleines Geld nutzen kann, nur mal als Beispiel, ist das für mich ein klarer Fall von Produktpiraterie und erklärt vermutlich einen Großteil des Erfolgs dieses obskuren Stalinistenvereins. Hierfür ist mir dann auch das Sternchen zu schade.
Apropos Piraten: Immer noch halte ich diese Zueignung für die denkbar dämlichste Bezeichnung, die sich eine Partei geben kann. Das ist nicht Jack Sparrow, das ist Mord, Entführung und Sklaverei, um auch dies einmal losgeworden zu sein. Und diesmal haben sie auch den Ehrenpreis für das schlechteste Layout errungen. Das Ärgerliche ist aber weniger der Name als die Tatsache, daß die sicher wieder einige Stimmchen einfangen, die dann auf der richtigen Seite fehlen werden. Das gleiche gilt für die Partei genannte Partei, deren Plakate meist originell sind, aber das ist es nicht wert. So schön es ist, auf der rechten Seite die Volksfront von Judäa und die judäische Volksfront sowie die Front judäischer Volksangehöriger usw. zu haben, so ärgerlich ist es auf der linken Seite. VOLT immerhin hat begriffen, daß anderthalb Prozent nichts ändern, auch wenn man deren Empfehlung kritisch sehen mag.
Diese immerhin hat ordentliche Plakate, und deren Generalsekretär hat grad die Langweiligkeit als neue deutsche Sekundärtugend ausgerufen, insofern passt das.
Meine Herzenspartei hat sich diesmal nicht mit Ruhm bekleckert. Die Plakate der Direkten sind sympathisch, immerhin, das ist bei Löser und Co. aber auch nicht schwer. Die allgemeinen Botschaften verlieren sich jedoch sehr in der Weltlage, warum man konkret in Sachsen die Grünen wählen soll, bleibt im Dunkeln. Macht es trotzdem.
Die Partei mit Faschisten im erweiterten Führungskreis (okay, das haben andere Parteien auch, aber da ist es noch nicht amtlich festgestellt worden und die spielen gottlob nur Kreisklasse) hat erwartungsgemäß mit ihren Plakaten neue Tiefenrekorde auf der Geschmacksskala aufgestellt. Daß „Abschieben, Abschieben, Abschieben!“, was ich mal auf der Theaterbühne im Chor gebrüllt habe, um die Klientel ins rechte Licht zu setzen, es auf ein Wahlplakat schafft, hätte ich aber dann doch nicht für möglich gehalten.
Kommen wir abschließend zur hiesigen Staatspartei, so weit kann man glaub ich nach fast 35 Jahren Dauerherrschaft gehen. Erstaunlich dicht am Volke ist der MP, wenn er mit seinen Plakaten signalisiert, daß jeder mal einen schlechten Tag haben und man sich das auch ansehen lassen könne. Die anderen Kandidierenden sind meist besser frisiert und wirken ausgeschlafen, aber als Landtagsabgeordnete*r der CDU hat man vielleicht auch die Zeit dafür. Über die Sprüche gehe ich mangels relevanter Masse hinweg, immerhin weisen alle Plakate darauf hin, daß es um Sachsen gänge. Gut für jene, die glaubten, daß hier der Landtag von Thüringen, die Weinkönigin der Rheinpfalz oder der Papst zu wählen seien.
Der harte Mann Christian im Dresdner Norden hat sogar einen Comic-Zeichner verpflichtet, der ihn in verschiedenen Posen abbildet. Warum, wird klar, wenn man den Herrn Fraktionsvorsitzenden im photographischen Portrait sieht. Ich will da aus meinem Glashaus gerne einen Stein werfen: Politik führt zum Doppelkinn und zur Verbreiterung des Körpers im allgemeinen und des Antlitzes im Besonderen. Und bis man das akzeptiert, hat halt der Zeichner ein Zubrot.
Der Landtag von Sachsen ist bislang recht bunt besetzt, und die Regierungskoalition ist genau besehen eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Die normative Kraft des Faktischen hat hier bisher für halbwegs stabile Verhältnisse gesorgt, und auch wenn der MP sich als Quartalsirrer entpuppte, hielt der Wille zur Macht und/oder die Angst vor der Veränderung den Laden zusammen. Wie das im neuen Landtag aussehen wird, ist unklar, schlimmstenfalls sind es noch drei Parteien (eine davon in Teilen faschistisch, eine andere stalinistisch, die dritte sehr sehr konservativ), bis zu sechs (sorry FDP und not sorry an die rechten Zwerge) wären denkbar. Es kommt – diese Plattitüde sei mir gestattet – auf jede Stimme an.
Der kleine und der große Unterschied
Ein paar Tage lang konnte man sich der Illusion hingeben, die Schreck- und Freudenschüsse nach den Wahlen am letzten Mai-Sonntag könnten dazu führen, daß neue Wege eingeschlagen werden, um zu retten, was noch zu retten ist an Zivilisiertheit im Inneren und Ansehen in der Welt, grad im äußersten Osten von Sachsen:
Ein Salon-Nazi mit den meisten Stimmen bei der OB-Wahl in Görlitz, aber sehr weit von einer großmäulig prophezeiten absoluten Mehrheit entfernt und deutlich dahinter ein CDU-Bewerber, der grad mal 30% der Wähler*innen von sich überzeugen konnte und damit fast exakt das Ergebnis des Gegenkandidaten bei der letzten OB-Wahl 2012 erreichte – das Potential der CDU in dieser Region also bestenfalls zur Hälfte ausschöpfte.
Gleich dahinter mit nur 2,4 %-Punkten oder 641 Stimmen weniger eine Bewerberin, die es „trotz“ ihrer grünen Herkunft schaffte, ein breites Bündnis hinter sich zu versammeln, und eine Kandidatin der Linken, deren Anteil von 1.470 Stimmen oder 5,5% im Verhältnis ähnlich desaströs war wie jener der CDU (exakte Zahlen hier: https://www.goerlitz.de/uploads/OB2019_1WG.pdf )
Angesichts der Tatsache, daß die AfD zwar wieder stärkste Kraft in Sachsen geworden war (wenn auch mit deutlich geringerem Stimmenanteil als noch zur Bundestagswahl 2017 und diesen ersten Platz somit nur dank der andauernden Schwäche der CDU bekam) und die nächsten Wahlen schon fast vor der Tür stehen, waren sogar neue Töne zu hören. Selbst der großer politischer Phantasie unverdächtige MP sprach von einer „Vier-Parteien-Koalition“, die es dann eben zu bilden gelte.
Was hätte näher gelegen, als gerade in Görlitz einen ersten Schritt zu gehen und den potentiellen Partnern auch mal etwas anzubieten, wenn man machtpolitisch schon auf dem letzten Loch pfeift (oder in diesem Falle bläst – Herr Ursu ist gelernter Trompeter)?
Aber im Osten nichts Neues – für die CDU bedeutet Zusammenarbeit Unterordnung, auf der Gegenseite wohlgemerkt. So wird aus dem kleinen Unterschied von ein paar hundert Stimmen der große Unterschied der politischen Kultur – die Versorgung eines für den nächsten Landtag ausgesonderten Parteifreundes „im besten Alter“ ist wichtiger als ein Modell, daß Sachsen in den nächsten Jahren vor dem Schlimmsten bewahren könnte. (Ob dies von allen in der CDU auch gewollt ist, darf allerdings bezweifelt werden)
Über die Selbstüberschätzung und mangelnde Weitsicht der Linken, die (auch) zu dieser Situation geführt hat, könnte ein eigener Beitrag zu schreiben sein, in dem viel von Traurigkeit die Rede wäre, aber das ist hier nicht das Thema.
Hier geht es um den Krug der Union, der wohl zum letzten Mal zum Wasser ging an der Neiße, bevor er dann im September bricht.
Und so darf der wackere Octavian weiter auf seinen Thron-Anspruch beharren, ohne daß ihn irgendein Augustus in Dresden zurückpfeifen würde – Herr Kretschmer arbeitet sich derweilen lieber am Vergleich von Unvergleichbarem ab und ergänzt seine ohnehin schon beachtliche Stilblütensammlung. Ohne die Größe einer Franziska Schubert, der „Staatsräson“ die eigenen Ambitionen unterzuordnen, hätte man wohl dank der Dimpflichkeit der Sachsen-CDU (eigentlich ein bairischer Fachbegriff, der aber selbst dort nur noch selten zum Einsatz kommen muss, „Bräsigkeit“ ist vermutlich geläufiger) dann in Görlitz den ersten AfD-OB in Deutschland gehabt. Danke, CDU, für gar nichts.
Spannend wird aber, wie sich Herr Kretschmer oder wer auch immer im September dann die sächsische Karre aus dem blaubrauen Dreck ziehen soll, sich die Bildung einer Regierung jenseits der AfD vorstellt. Glaubt er, man müsse nur rufen, damit alle potentiellen Partner die dargebotene Regierungsbeteiligung brav apportieren?
Das kann er tun – Glauben ist Privatsache. Und zugegebenermaßen ist in zwei Fällen der inhaltliche Trieb vermutlich deutlich schwächer ausgeprägt als der institutionelle – man darf davon ausgehen, daß für Ministertitel einige programmatische Großmütter geopfert würden, sofern diese noch lebend aufzufinden sind bei SPD und FDP. Nur werden aus drei Rittern von der traurigen Gestalt noch keine Musketiere.
Da macht offenbar einer die Rechnung ohne den vermeintlich vierten im Bunde – nebenbei gesagt übrigens die einzige Partei, die sich in Sachsen als Sieger fühlen darf nach der Wahl am Sonntag. Alle anderen sind teilweise massiv abgeschmiert im Vergleich zu 2017, https://wahlen.sachsen.de/europawahl-2019-wahlergebnisse-6931.php zu https://wahlen.sachsen.de/bundestagswahl-2017-wahlergebnisse-5073.php – und komme mir niemand mit den vielen Kleinparteien als Grund: deren Konkurrenz betraf alle.
Ein Strippenzieher wie Kretschmer sollte wissen, daß Politik – vornehm ausgedrückt – aus Kompromissen besteht. Und wenn jetzt ein Ursus minimus blind nach dem Honig der Macht tappt, soll er das halt tun (und das hoffentlich nicht auch noch verkacken) – aber um so größer wird der Teil des Bärenfells sein, den die Strategen der CDU abgeben müssen, um ein Regierungsmäntelchen zu schneidern.
PS: Falls jetzt einer bei der CDU anfängt nachzuzählen, welche Ministerien wohl dran glauben müssen nach der Wahl – gerne, ein bißchen Grusel schadet nicht.
Aber es geht in erster Linie um die Programmatik. Da wird manch bittre Träne fließen bei den Verteidigern des „Weiter-So“, des ungehemmten Zukunftsverbrauchs, des Polizeistaats, der autofixierten Verkehrspolitik, der industriellen Landwirtschaft, kurz bei allem, was der CDU und ihren Hintersassen heute lieb und teuer ist. Denen kann man dann nur empfehlen, in Rente zu gehen und nach Görlitz zu ziehen. Soll schön dort sein, an sich.
Der leuchtende Pfad der wahren FDP und eine Freilandgurkentruppe für Deutschland
Das werden sie also sein, die uns im sächsischen Wahlkampf neben den Neo-Altnazis auf dem rechten Flügel begegnen werden:
Ein Haufen alter (oder auch junger) Naiver, die sich hinter lucky Lucke versammeln, um Deutschland im Allgemeinen und ihre Sparbücher im Besonderen zu retten.
Und ein Tross machetenschwingender Wirtschaftskrieger, die – endlich befreit von jedem menschelnden großbürgerlichen Westliberalismus – nun endlich mal das Darwinsche Erkenntnisgebäude live ausprobieren wollen.
Eigentlich, was beide aber vehement abstreiten würden, passen die ganz gut zusammen (von den Dritten im Bunde will ich es dann doch nicht behaupten). Zumal die Neugründung ja de facto Fleisch vom Fleische ist, aus einer Rippe der FDP gemacht, wenn auch beleibe nicht aus der schönsten. Und wenn man Zastrow et. al. so hört, spricht auch nichts gegen eine Wieder-Vereinigung, ganz ohne Zwang.
Aber das steht noch nicht an. Später vielleicht, wenn die wahre FDP in hohem Bogen aus dem Landtag geflogen ist (und die AfD hoffentlich wieder eine hübsche 4,9 hingelegt hat (die B-Note zählt nicht)).
Aber dann ist wahrscheinlicher, dass Commandante Holger in den Untergrund des Marketings geht und nie wieder auftaucht daraus. Eine versemmelte Europawahl zuvor könnte man ja noch dem unlängst gekürten Spitzenkandidaten Krahmer in die Schuhe schieben (der zu nichts besser geeignet ist), aber danach gibt es keine Ausreden mehr. Und Nicht-Antreten als Klatschevermeidung scheidet auch aus.
Um den hinterlassenen Trümmerhaufen namens sächsische FDP müssen sich dann andere kümmern.
Wahltaktisch kann man sich das vom grünen Hochsitz aus gelassen anschauen:
In Sachsen sind neben der Reinheitspartei CDU (die, um nun doch mal einen immerhin noch informell maßgeblichen FDP-Vertreter zu zitieren, „auch einen Altkleidercontainer aufstellen könne“ – und ich ergänze, dies in einigen Fällen wohl auch schon getan hat) alle klein, und wenn sich im Spektrum rechts der Mittelmäßigkeit noch mehr Bewerber tummeln, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass alle draußen bleiben.
(Parteientheoretisch ist das Problem auf der anderen Seite [„links“ hört man ja manchmal nicht so gern] allerdings sehr ähnlich, auch wenn man da auf eine größere Grundgesamtheit setzt.)
Dennoch, liebe Freundinnenunfreunde, wäre es grundfalsch, die da drüben machen zu lassen und nun vorzugsweise auf die ohnehin schon mit ihrem hiesigen Personal gestraften Mitbewerber links einzudreschen. Die zerlegen sich schon selbst.
Doch wenn der FDP und auch der AfD in Sachsen niemand etwas entgegenhält – die CDU um Vati Tillich wird das nicht tun, sondern schlicht versuchen, bis zum Wahltermin nichts Konkretes mehr von sich zu geben, das irgendjemand nicht gut finden könnte – hält man das irgendwann für Sachsenvolkes Stimme, und alles rutscht unweigerlich ein Stück nach rechts, im Gleichschritt marsch. Und dann haben wir zwar den linken Teich fast für uns allein, aber er dürfte dann nur noch wenig Wasser führen.
Also:
Natürlich muss man die CDU stellen, wo man kann, auch wenn es oft dem Pudding-an-die-Wand-nageln ähnelt. Und ebenso natürlich muss man sich von den beiden „R“ abgrenzen, wo es notwendig ist.
Dennoch, „der Feind steht rechts“, um mal einen Klassiker zu zitieren.
Zastrows kalter Darwinismus ist in Sachsen (und anderswo) ebenso wenig tauglich wie die deutschzentrierten Proseminarssprüche der Retter von rechts. Wer anders sollte diese frohe, notwendige Botschaft zum Volke bringen als die Grünen?
Ach ja, der „leuchtende Pfad“:
Der ist auch als sendero luminoso bekannt und war eine der berüchtigtsten Terrororganisationen in Lateinamerika. Wer ständig die Machete im Munde führt, muss sich nicht beklagen, wenn man ihn beim Wort nimmt.
