Ein trojanischer Wallach trabt für die FDP


Ja, ich weiß, so neu ist die Erkenntnis zumindest in politisch interessierten Kreisen in Dresden nicht, spätestens seit dem hoffnungstrunkenen Gruppen-Selfie von Zastrow, Hilbert und einigen Hintersassen in Lohmeyers Hotel ist klar, woher der Wind weht.
Doch da der Wahlkampf sich dem Ende neigt, will ich gerne noch einmal zusammenfassen. Von der Adabei Lara Liqueur abgesehen, hat man am Sonntag die Wahl zwischen Eva-Maria Stange, hinter der (erfreulich geschlossen) die bunte Stadtratsmehrheit steht, und dem derzeitigen Ersten Bürgermeister Dirk Hilbert, den eine parteipolitische Amnesie ereilte, woraufhin er seine FDP-Gesandtschaft in das Amt vergaß und die 14 Jahre Bürgermeisterdienst vermutlich sich selbst zu verdanken glaubt.

Gut, wenn man ehrlich ist, gäbe es Schlimmeres als einen Oberbürgermeister Hilbert. Zum Beispiel einen OB Ulbig, von anderen Vögeln ganz zu schweigen. Die Stadt Dresden und Dirk Hilbert passen vermutlich besser zusammen, als beide es wahrhaben wollen: Gemütlich, ein bisschen langweilig, aber selbstgewiss, meist bräsig, mit einigem Dreck unterm Teppich und vor allem sehr barock (bzw. im Falle Hilbert frühveronkelt). Insofern hätte seine Wahl eine gewisse Logik, wenn es nicht mit Frau Stange eine bessere Alternative gäbe.

Und wenn da nicht einer mit den Hufen scharren würde, den man gottlob im Moment in der vierten politischen Reihe verortet: Holger Zastrow war bis vor einem Dreivierteljahr real der zweite Mann im Freistaate (die Namen der beiden damaligen FDP-Minister sind zu recht schon vergessen) und fiel dann sehr hart auf die Oppositionsbank des Dresdner Stadtrates, wo es gerade so zu einer zusammengeborgten Fraktion gemeinsam mit den dubiosen „Freien Bürgern“ reichte. Seine Phantomschmerzen in Bezug auf seine Bedeutung müssen unerträglich sein, und dafür gibt es auch kein Cannabis auf Krankenschein.

Doch da … es tut sich mit dem neu-unabhängigen Hilbert doch glatt wie damals den Griechen vor Troja eine Chance auf, die Stadt im Handstreich zu erobern (dass die Sache unerfreulich in der Orestie endete, wird ihm keine Warnung sein). So wird der trojanische Wallach gesattelt, ein Unterstützergrüppchen findet sich, dass ihm eine neutrale Stalldecke umhängt, vom oberen Kleingartenzwerg gibt es noch ein Zuckerl, dann trabt er los, der trojanisch-dresdnerische Wallach.
Doch wenn die Menschen in Dresden ihn am 5. Juli per Wahlzettel durchs Stadttor trotten lassen, wird er ihnen schnell blaugelbe Pferdeäppel auf den Rathaushof kacken und alsbald – auch wenn das biologisch nicht denkbar ist – ein Fohlen namens Zastrow werfen, das dann lautstark wiehernd über die städtischen Flure galoppiert.

Und dann wird sich der Wallach in einen störrischen Esel verwandeln und den Stadtratskarren partout nicht ziehen wollen. Ob eine vor die Nase gehängte Möhre dagegen hilft, ist nicht sicher.
Also ersparen wir uns doch die ganze Viecherei und geben unserer Stadt die Chance, sich in den nächsten Jahren mehr als nur verwalten zu lassen. Dazu müssen wir jetzt einfach nur zur Stange halten.

2 Kommentare

  1. FDP-Mitglied

    Habe ein paar Minuten gehadert ob man auf diese Polemik eigentlich eingehen soll. Ich beschränke mich einfach auf zwei Punkte und fasse mich kurz:

    1) Wer glaubt, dass Hilbert eine Marionette/Trojanisches Pferd Zastrows oder der Dresdner FDP sei, der hat schlicht und einfach keine Ahnung von der Dresdner Politik bzw. der Gemengelage innerhalb der Dresdner FDP. Da gibt’s nichts zu rütteln.

    2) Wenn es am Sonntag für Stange nicht reichen sollte (und das halte ich derzeit für wahrscheinlicher als den umgekehrten Fall), dann ist vielleicht eben auch die Arbeit des RRGO-Stadtrats die viele Bürger abgeschreckt hat. Vielleicht wird der ein oder andere Bürger lieber verwaltet als von RRGO „gestaltet.“

    • Teichelmauke

      Danke für den Kommentar,
      zu 1) Dass die FDP in Dresden sehr heterogen ist, sehe ich auch so, nur ist die Begeisterung, mit der H. Zastrow auf der Hilbert-Welle surft, ohne dass ihm jener trotz seiner „Unabhängigkeit“ widerspricht, schon beeindruckend. Es ist für mich schlicht Wählertäuschung, nach 14 Jahren Bürgermeister mit FDP-Mandat nun als de facto Parteiloser anzutreten.
      zu 2) Ja, natürlich ist das eine Richtungsentscheidung. Deswegen auch die Polemik. Es ist halt immer schwerer (zu vermitteln), Entscheidungen zu treffen, die nicht allen gefallen, als es sich im Moderieren und Präsidieren gemütlich zu machen. Das sieht man ja auch auf anderen politischen Ebenen.

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